Digitalisierung „Die Revolution hat bereits begonnen“

Jörg Heynkes blickt in seinem Buch "Zukunft 4.1" auf die Folgen der Digitalisierung.

Jörg Heynkes berichtet in seinem Erstlingswerk von einer Welt, in der Roboter unsere Freunde werden.

Foto: Vanessa Brucker

Als Jörg Heynkes sein Buch „Zukunft 4.1“ fertig geschrieben hatte, musste er ein Drittel des Inhalts direkt wieder aktualisieren. „Da hatte sich schon vieles überholt“, sagt der Autor. Sein Thema ist schnelllebig: Heynkes schreibt über die Digitalisierung und wie sie die Welt für immer verändern wird. Und darüber, was uns droht, wenn wir als Gesellschaft nicht schnell auf die Veränderungen reagieren, die sich so rasant weiterentwickeln, dass sie einen Autoren einholen, der ein halbes Jahr an einem Buch schreibt.

Für Heynkes, der als Referent seine Zuhörer bereits unzählige Male mit in die Zukunft genommen hat, ist die Digitalisierung und der damit einhergehende Siegeszug der künstlichen Intelligenz die vierte industrielle Revolution. „Diese Revolution steht uns nicht bevor, sie hat bereits begonnen“, sagt der Unternehmer und Gründer des Energienetzwerks Villa Media.

Heynkes Ansprache richtet sich an diejenigen, denen beim Gedanken an automatisch fahrende Autos und Fleisch aus der Petrischale heute noch Angst und Bange wird. Und die vielleicht sogar im ersten Moment kopfschüttelnd das Buch zuschlagen wollen, wenn der Wuppertaler dem Leser vor Augen hält, dass künstliche Intelligenz, bei allen Vorteilen, auch das Ende der Menschheit bedeuten könnte. Heynkes hält es nicht für undenkbar, dass hoch intelligente Nachfahren des humanoiden Roboters Pepper, der heute noch freundlich Verkaufsgespräche führt, irgendwann auf die Idee kommen, dass die größte Gefahr für den Planeten der Mensch ist. Dass dem Leser das alles Angst machen könnte, was Heynkes da auf 317 Seiten erzählt, ist ihm durchaus bewusst. „Ich will, dass die Leute lernen, diese Angst in positive Energie umzuwandeln.“

Chancen der Digitalisierung zeigt der Keynote-Speaker zuhauf auf. In der „schönen neuen Welt“, die er malt, bringen fahrerlose Elektro-Autos abends zum Restaurant und parken sich anschließend selbst. So werde nicht nur der Verkehrsinfarkt in den Städten verhindert und die Luft sauberer, sondern der Durchschnittsbürger in Deutschland müsse dann auch nicht mehr 4,5 Jahre seines Lebens hinter dem Steuer verbringen. Gleicherweise skizziert Heynkes, wie sich durch In-Vitro-Fleisch der Welthunger besiegen lässt und wie mit Sonnen- und Windenergie der Klimawandel aufgehalten werden kann.

Heynkes sagt aber auch: „Ich sorge mich, dass wir das alles nicht in den Griff kriegen.“ Der entscheidende Faktor sei der nötige Wandel der Gesellschaft. Und bei denjenigen, die die Spielregeln definieren, sieht Jörg Heynkes schwarz. „Die Politik hat die Digitalisierung vollkommen verschlafen“, sagt er – und teilt ordentlich aus. „Die verantwortungslose und unbegreifliche Kumpanei großer Teile der deutschen Politik mit der deutschen Automobilindustrie ist unverzeihlich und grenzt an gemeinsames kriminelles Handeln“, sagt er und befürchtet, dass Deutschlands Automobilwirtschaft schon in naher Zukunft zusammenbrechen wird, weil wir bei dem Absprung zu autonomen und elektronischen Fahrzeugen zu lange ins Hintertreffen geraten sind.

Auch im Wuppertaler Rathaus wünsche er sich mehr digitales Know-How. „Das ist ein Disaster im Moment.“ So könne er es einfach nicht verstehen, wie noch heute eine Seilbahn als Verkehrsverbindung von A nach B geplant wird, wenn doch jeder wisse, dass in fünf bis zehn Jahren intelligente Mobilität längst den ÖPNV, wie wir ihn, kennen abgelöst haben soll. Heynkes sagt: „Die Schwarmmobilität wird kommen. Das wissen wir. Und das wird die Städte verändern.“

Jörg Heynkes gibt sich in seiner Zukunftsvision Mühe, den Leser nicht fassungslos in dieser neuen Welt zurückzulassen und zeigt immer wieder die Vorteile auf, die sich durch die Vernetzung der Welt ergeben. Selbst vermeintliche Nachteile versucht der Autor, der nach eigener Aussage noch nie Scheu vor neuen Technologien hatte, durch die positive Linse zu sehen. Etwa der Verlust von Millionen von Arbeitsplätzen, wenn eines Tages Roboter rechnen, kochen, bauen, reinigen, chauffieren, pflegen, unterhalten... einfach alles übernehmen können.

Der neue Wohlstand
muss erkämpft werden

Heynkes sieht es so: „Es gibt so viele Arbeiten, die sind so stumpf, dass sie schon heute eigentlich nur Menschen machen, die das müssen.“ In Zukunft arbeite man eben nur noch zehn bis 20 Stunden in der Woche – bei gleichen Wohlstand. „Aber das müssen wir uns erkämpfen“, sagt Heynkes, wohlwissend, dass auf dem Weg zu dieser neuen schönen Welt erst einmal alle bekannten Entlohnungs- und Sozialversicherungssystem kollabieren werden.

Jörg Heynkes Buch verzichtet bewusst auf Quellenangaben. „Das hätte zu viele Leute abgeschreckt“, sagt der Autor. Er habe kein wissenschaftliches Werk schreiben wollen, sondern ein populärwissenschaftliches. „In einer Sprache, die jeder verstehen kann.“

So zeichnet Heynkes eine Zukunft zwischen Roboterfreunden auf der Couch und intelligenten T-Shirts, die bei seinen Vorträgen immer wieder Menschen dazu inspiriert, den Autor nach Science-Fiction-Filmen zu fragen. Schließlich erinnert viele das Gehörte an die Stoffe ihrer liebsten Film- und Serienautoren. Dann muss Heynkes immer passen. Er sagt: „Ich bin kein Fan von Science Fiction.“