Jugendliche erleben den Schulalltag in Palästina
Der Austausch war mit Hilfe des Palästinensischen Freundeskreises Wuppertal möglich. Ein Reisebericht.
Wuppertal. Die Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule hat sich kein alltägliches Ziel für einen Schüleraustausch ausgesucht. Nicht etwa Wembley bei London oder Montreuil bei Paris waren das Ziel, sondern Dura, eine Stadt in der Nähe von Hebron mit fast 40 000 Einwohnern. Warum ausgerechnet Dura? Das liegt für Dorothee Kleinherbers-Boden, Direktorin der Else-Lasker-Schüler Gesamtschule, auf der Hand: „Be’er Scheva in Israel als Partnerstadt von Wuppertal lag nah, aber wir haben 2009 beschlossen, dass wir auch gerne einen Austausch mit einer Schule in Palästina machen würden. Das hat sich dann sehr schwierig gestaltet.“
Denn wenn es nicht gerade eine konfessionelle Schule ist, ist die Vermittlung eines Austausches nur mit Hilfe möglich und die kam vom Palästinensischen Freundeskreis Wuppertal. Im Fall von Palästina scheiterte es bei manchen Eltern bereits bei den Sicherheitsbedenken und bei anderen machten die Formalitäten einen Strich durch die Rechnung. Viele Bedenken konnte Ulrich Klan allerdings zerstreuen. Als Lehrer an der Else war er bei dem Projekt von Anfang an dabei. „Es ist tatsächlich anders in der Wahrnehmung vieler Eltern. Solange es keine zugespitzte Aufstandssituation gibt, ist für uns deutsche Besucher Palästina sicherer als Israel“, erklärt der Lehrer.
Trotzdem fehlten anfangs noch Teilnehmer und da kam Katja Uhl vom Ganztagsgymnasium Johannes Rau ins Spiel. Sie konnte weitere Schüler beisteuern. „Die Gastfreundschaft war toll. Es war auch die Begeisterung, mit der wir aufgenommen wurden. Wir haben mehrfach gehört ,Danke, dass ihr euch für uns interessiert’“, erklärt die Gymnasiallehrerin. Für die Schüler und die begleitenden Pädagogen war es ein reger Austausch mit den Menschen vor Ort.
Auch wenn sich vieles ähnelt, gebe es doch Unterschiede im Schulalltag. So seien die Schulen geschlechtergetrennt und eher auf Frontalunterricht ausgelegt. Dennoch stünde der pädagogische Anspruch im Vordergrund und somit der Dialog zwischen den Wuppertaler Lehrern und jenen Lehrkräften vor Ort, berichtet Uhl. Bei den Schülern legten sich die Bedenken recht schnell, spätestens aber nach der Ankunft.
„Was mir ganz stark im Gedächtnis geblieben ist, ist, dass einfach Familie und Gastfreundschaft einen ganz anderen Stellenwert haben“, berichtet Dele (16) vom Gymnasium Bayreuther Straße. „Jeden Tag wird eigentlich die Großmutter besucht, auch wenn sie mehrere Stunden Fahrt weg wohnt. Sie haben die Gäste behandelt wie Götter.“ Im Schulalltag gehe es allerdings bis auf wenige Ausnahmen sogar entspannter zu als in Deutschland, meint die Sechzehnjährige. Ein wichtiger Unterschied war jedoch die morgendliche Versammlung mit Fahnenappell.
Für Ala (20) war es noch mal eine besondere Erfahrung, denn sie ist selbst Palästinenserin, war jedoch noch nie vor Ort. „Ich trage zum Beispiel Kopftuch, am Flughafen bin ich nicht direkt durchgekommen. Die Kontrolle war bei mir eben extremer als bei den anderen.“ Bei vielem, was man aus Deutschland kennt, war es für sie vor allem „interessant zu sehen, wie die Leute dort zusammen leben, zum Beispiel mit Christen und dass sie damit keine Probleme haben“.
Trotzdem fallen den Schülerinnen auch andere Sachen auf. Lisa (15) von der Else hatte da auch zwiespältige Erlebnisse. „Man kann ja nicht nur von den guten Erfahrungen reden. Was mich zum Beispiel sehr berührt hat, ist, dass viele Tiere kein Zuhause haben und auch die Mauer in der Stadt“, erläutert sie. Denn die trennende Mauer scheint ganz Dura zu durchziehen. Auf der anderen Seite haben alle Teilnehmer des Austausches den Eindruck, dass Dura eine Stadt im Wandel und im Aufbruch ist.
Ein Gegenbesuch von palästinensischer Seite ist für das kommende Frühjahr geplant. Das ist aber aufgrund von Reiseeinschränkungen und hoher Kosten ein Problem. Eine normale Familie aus Palästina kann die vierstellige Summe für einen Flug kaum stemmen. Die Else und die anderen beteiligten Schulen hoffen auf Spenden und Sponsoren, damit dieser besondere Austausch auch weiterhin ermöglicht werden kann.