Kammerspielchen: Ein Altersheim im Chaos

Die neue Komödie kam im Wichlinghauser Theater bestens an.

Wuppertal. Im Altersheim geht es nach allgemeiner Ansicht eher gemächlich zu — es gilt allzu oft als ‘Abstellplatz’ für die ältere Generation. Bei Hans Glück (Claus Wilcke), einem agilen Senior, der von seiner Tochter (Kathrin Bolle) und deren Ehemann (Michael Halbey) in ein Altersheim abgeschoben wurde, sieht das ganz anders aus. Noch voll im Leben stehend, sorgt er zusammen mit seinem Zimmernachbarn August Kowalski (Michael Oenicke) mit jugendlichem Charme und tollen Streichen für ordentlich Trubel im Altersheim.

Gemeinsam setzen sich die Senioren über Konventionen und das strenge Regiment der Oberin Moll (Ursula Wüsthof) hinweg. Damit jedoch nicht genug: Glück verliebt sich in die 30 Jahre jüngere Schwester Biggi Stein (Nika von Altenstadt), sehr zum Entsetzen der Heimleitung und seiner Kinder. Das Chaos ist perfekt.

Mit dieser ungewöhnlichen Geschichte des klischeebehafteten Lebens im Altersheim wagt sich das neue Theaterstück „Mit 70 hat man(n) noch Träume“ von Ernst Werner Quambusch an ein aktuelles Thema heran. Jetzt feierte das Ensemble vor vollem Haus im Kammerspielchen in Barmen Premiere und wurde mit tosendem Applaus belohnt. Das Stück besticht nicht nur durch hervorragende schauspielerische Leistung, sondern vor allem durch Wortspiele und den Charme des Hans Glück.

Mit seiner Lebensfreude steckt er den Zuschauer an — auch wenn sich dieser nie sicher sein kann, ob Glück nun ein Meister der doppeldeutigen Bemerkungen, oder direkt bis zur Grenze der Dreistigkeit ist. Auch an Alltagssituationen des Lebensabends wie der permanenten Suche des demenzkranken Kriminalrates Petersen (Edmund Willms) nach seinem Hund Bobby, der ‘unsittlichen’ Liebe zu einer wesentlich jüngeren Frau und dem freisinnigen Humor, den sich in der heutigen Gesellschaft oft nur das Alter ungestraft erlauben darf, spart die Inszenierung nicht.

Spitzbübisch bleibt ebenso die Verarbeitung der Klischees von Entmündigung im Altersheim, wie Alkoholverbot und dessen erfindungsreicher Umgehung — Glück bewahrt seinen Whiskey in einer Wärmflasche auf — die Klärung der Erbschaftsfrage bereits vor dem Tod sowie die Grenze zwischen Lüsternheit im Alter und einem zweiten Frühling.

Dass bei alledem das Ende trotz seiner teilweisen Vorhersehbarkeit noch mit der ein oder anderen Überraschung aufwarten kann, lässt Raum für Interpretationen. Fazit: „Mit 70 hat Man(n) noch Träume“ ist eine rundum gelungene Komödie.