Wuppertal Keine Hochzeit für Flüchtlinge ohne Papiere
Das Standesamt Wuppertal verlangt Dokumente, die Ali Sheikh Mahmoud aus Syrien nicht holen kann. Deshalb platzt wohl die Hochzeit mit seiner großen Liebe.
Wuppertal. Sie kennen sich schon aus Syrien. Doch erst in Deutschland interessierten sich Ali Sheikh Mahmoud (22) und Mhela Yahya (19) mehr für einander. Nach einer religiösen Hochzeit wollen sie auch standesamtlich heiraten. Doch weil Mahmoud keine Geburtsurkunde vorlegen kann, sagt das Wuppertaler Standesamt Nein.
Er stammt aus Rakka in Syrien, hatte sich bereits für ein Wirtschaftsstudium angemeldet. Dann kam der Krieg. Er floh, zuerst in die Türkei, dann nach Deutschland, schließlich nach Wuppertal, wo schon seit Jahren ein Onkel von ihm lebt.
Inzwischen waren auch andere Teile der Familie in Deutschland. Bei einem Besuch in Bad Dürkheim sah er Mhela Yahya wieder, die er schon aus Syrien kannte. Die beiden verliebten sich ineinander. „Erst war es ein Geheimnis“, berichtet er. Über Whatsapp hielten sie Kontakt. Vor fünf Monaten sprach sein Onkel bei Mhelas Yahyas Eltern vor, das Paar bekam ihren Segen. Vor einem Monat feierten sie offiziell Verlobung, letzte Woche hat ein Imam sie in einer Moschee getraut. Obwohl sie alle wenig Geld haben, hat sich Mahmoud einen Anzug angezogen, seine Braut ihr Festkleid: ein pfirsichfarbener Traum aus Tüll.
Die beiden würden ihre Ehe gern vorm Standesamt besiegeln. Doch dafür müsste er eine Geburtsurkunde vorlegen. Die hat er nicht und kann er auch nicht besorgen. Denn seine Heimatstadt Rakka ist vom IS besetzt.
Der Kardiologe Professor Hartmut Gülker, der sich für sein Engagement im arabischen Raum von Mahmoud Arabisch beibringen lässt, wollte helfen. Auch er stieß auf taube Ohren. Er empört sich: „Ich habe gefragt, ,Was wäre, wenn man 1946 Flüchtlingen aus Königsberg gesagt hätte, besorgen Sie Ihre Unterlagen?’ Das zündete aber nicht. Der Beamte hat nur gesagt ,Andere können das auch.’“
Gülker sagt, das gelte vielleicht für Damaskus. Sie wüssten aber von Mahmouds Familie, dass man in Rakka unmöglich an Dokumente komme: Da gebe es kein funktionierendes Amt mehr. „Selbst wenn — man kann nichts mehr aus der Stadt herausbringen.“ Er findet: „Da stimmt etwas mit unseren Gesetzen nicht. Das heißt in der Konsequenz, dass Flüchtlinge nicht heiraten dürfen.“
Bei der Stadt gibt es auf WZ-Nachfrage keine Angaben zum konkreten Fall, nur die grundsätzliche Auskunft, dass die nötigen Unterlagen für eine Heirat genau festgelegt sind. „Das Standesamt kann nicht anders handeln, als das Gesetz verlangt“, betont Stadtsprecher Thomas Eiting. Deutschland stehe als Staat für die Richtigkeit der dann weltweit gültigen Eheurkunde ein. Seit den Fällen von Anis Amri und Marco A. seien die Vorschriften noch strenger. Bisher betroffene Paare seien meist zufrieden damit, religiös verheiratet zu sein. Aber Mahmoud will das staatliche Dokument: „Für die Zukunft ist das besser“, sagt er. Zum Beispiel, wenn die Behörden den Umzug seiner Frau nach Wuppertal genehmigen müssen. Vielleicht wäre eine Hochzeit in Dänemark möglich. Aber die koste viel Geld.