Kohlfurth: Alte Schätzchen wieder auf den Schienen
Zum 18. Mal hatten die Bergischen Museumsbahnen zum Straßenbahnfest an Pfingsten geladen.
Wuppertal. Erik-André Blaufuß ist in seinem Element: Voller Elan dreht der 13-Jährige den Fahrschalter, so nennt der Eisenbahner das Lenkrad, mit dem man eine Straßenbahn steuert, auf. Die kleine Modell-Tram auf der Übungstrecke vor ihm wackelt mit Vollgas über die Schienen. Vor der Kurve drosselt der Schüler die Fahrtgeschwindigkeit. „Sonst fliegt die aus der Bahn“. Später möchte Erik-André Lockführer oder Zugingenieur werden.
Kein Wunder, dass es den Eisenbahnfan da am Pfingstsonntag auf das Gelände des Bergischen Museumsbahnvereins in Kohlfurth zog. Dort fand an den beiden Pfingsttagen das nunmehr 19. Bergische Straßenbahnfest statt. Bei bestem Feiertagswetter zog es besonders viele Familien auf das Museumsgelände. „Wir genießen hier einen Familienausflug“, freute sich etwa Judith Oppel. Während Tochter Ramona (11) davon schwärmte, dass man in dem Museum in die alten Bahnen auch einsteigen und sich alles ansehen könne, überlegte Filius Joshua (8) vermutlich, wie er das Gesehene im heimischen Spielzimmer mit seiner eigenen Holzeisenbahn umsetzen solle.
Inspirieren lassen konnte er sich dabei von Helmut Becker. Der 79-jährige Bastler ließ in der Betriebshalle seine Modellstraßenbahnen fahren. Besonders sein Nachbau des Kaiserwagens erntete anerkennende Blicke. Über 220 Arbeitsstunden hat er in den originalgetreuen Nachbau investiert. „Ich kann mir kein schöneres Hobby vorstellen, als das Basteln“, erklärte Becker.
Auch Phillip Möllers lässt die Eisenbahnromantik nicht mehr los. Direkt neben Beckers Strecke informierte der 24-jährige Student über die Arbeit der Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft (VhAg) der WSW. „Die Resonanz ist sehr gut“, freute sich der Vereinschef. Besonders ältere Wuppertaler blieben an dem Stand stehen, weil sie auf den ausliegenden Fotos und Kalendern bekannte Straßenbahnen oder Haltestellen entdeckten. Die gleiche Erfahrung hat auch Christoph Petersen (19) gemacht. Bei ihm konnte man Fahrunterricht nehmen — allerdings nur auf einer Modellstrecke, die für den Simulator aufgebaut werden musste. „Wir halten ein Stück Wuppertaler Geschichte aufrecht“, erklärte Petersen. Aus Duisburg waren unterdessen Max und Christa Feldmann angereist: Sie hatten gehört, dass in der Kohlfurth eine alte Straßenbahn aus ihrem Stadtteil Hamborn ausgestellt werde. Vor allem die idyllische Lage des Museumsgelände habe es ihnen angetan.
Dass Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes Menschen bewegen kann, zeigte sich wenige Meter weiter auf der alten Bahnstrecke. Im Halbstundentakt pendelten Straßenbahnen zwischen den Haltestellen Kohlfurth und Greuel. Mit von der Partie: Wolfgang Berndt (64). Er engagiert sich seit 30 Jahren im Museumsverein, am Wochenende begleitete er als Schaffner die Züge. „Ich habe die Strecke gesehen und es war Liebe auf den ersten Blick“, gestand der Hobby-Eisenbahner, während er durch einen Ruck an der Klingelleine dem Zugführer das Zeichen fürs Abfahren gibt.