Kostbarkeit mit barocker Klangfarbe
Die Teschemacher-Orgel in der Laurentiuskirche ist optimal für kammermusikalische Konzerte geeignet.
Die päpstliche Basilika minor St. Laurentius zu Wuppertal-Elberfeld — im Wuppertaler Volksmund kurz Laurentiuskirche genannt — ist ein mächtiger Bau, der sich unübersehbar zwischen Luisenstraße und Friedrich-Ebert-Straße befindet. Betritt man ihn, fällt einem sofort der prachtvolle barocke Hochaltar aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ins Auge. Viele Besucher verharren andachtsvoll. Orgelklänge kommen meistens von hinten. Dort befindet sich oben auf der Empore die große Seifert-Orgel, die zuletzt im Jahr 2009 auf den heutigen Stand gebracht wurde. Sie ist recht jung, wurde 1965 eingeweiht.
Doch manchmal kommen auch Orgelklänge irgendwo aus dem Altarraum. Ist das ein Fernwerk? Weit gefehlt. Schaut man genau hin, befindet sich links oben neben dem Altar eine kleine Chorempore, auf der ein altes Instrument steht. Es ist eine Teschemacher-Orgel. Sie ist das eigentliche musikalische Schmuckstück. Wenn mit ihr barocke Werke gespielt werden, schlagen die Herzen von Kirchenmusikern und Orgelliebha-bern höher. Sie hat bereits eine ganze Menge seit ihrer Fertigstellung anno 1767 erlebt, hat eine große Odyssee hinter sich, bis sie in der Laurentiuskirche ihr Zuhause fand.
Sehr viel könnte sie erzählen seit der Zeit, als 17 Jahre nach dem Tod von Johann Sebastian Bach zum ersten Mal Töne aus ihren Pfeifen kamen. Eigentlich sollte sie der Elberfelder Orgelbauer Jacob Engelbert Teschemacher für die reformierte Gemeinde in Wevelinghoven — ein Stadtteil von Grevenbroich — anfertigen. Doch dahin kam sie wegen eines Einspruchs Kurkölns nicht. Nach einigem Hin und Her wurde die kleine Orgel schließlich nach Schwelm verkauft, wo sie etwa 100 Jahre lang in Dienst war. Als die dortige reformierte Gemeinde aufgelöst wurde, fand sie 1869 in Dönberg eine neue Wirkungsstätte. Dort stand sie ebenfalls fast 100 Jahre, bis sie 1967 wegen eines Kirchenumbaus abgebaut und ausgelagert wurde.
Aus heutiger Sicht wurde in dieser Zeit reichlich Schindluder mit dem Kleinod getrieben. Es wurde viermal derart umgebaut, dass nur noch wenig von dem Original existierte. 1969 schenkte man die Orgel der Gemeinde in Herzkamp, wo sie jedoch nie aufgestellt wurde. Stattdessen wurde sie zehn Jahre später der Stadt Wuppertal vermacht.
Wuppertaler
Meisterstücke
Erst dann kam sie in die Laurentiuskirche. Der Gemeinde wurde aufgelegt, sie zu rekonstruieren. Die Orgelbaufirma Oberlinger nahm sich der Sache an, so dass sie wie im Originalzustand 1986 wieder eingeweiht werden konnte.
Der Orgelsachverständige Josef Zimmermann war damals begeistert: „Es ist erstaunlich, welche Möglichkeiten bei der kleinen Registerzahl dem Spieler zur Verfügung stehen. Das Pleno Organo (Anm.: alle Register sind gezogen) klingt wie eine große Orgel. (…) Frappierend auch die Wirkung in dem großen Kirchenraum, wo an allen Seiten selbst die zartesten Stimmen gut vernehmbar sind.“ Noch einmal, 2009, wurde sie überarbeitet, wurden die Pfeifen nach der barocken „Kellner-Bach-Stimmung“ neu intoniert. Und ein neuer Keilbalg nach altem Muster wurde ihr verpasst. „Dadurch kann mit Wind flexibler umgegangen werden, was zu beweglicheren Tönen führt“, erklärt Simon Botschen.
Nun sitzt der Nachwuchsorganist an dem einmanualigen Instrument mit seinen inklusive Pedalwerk 17 Registern und ist voll des Lobes. „Die Klangfarbe ist rein barock orientiert. Die Orgel ist für kammermusikalische Besetzungen optimal geeignet.“ Nur für ein großes Orgelkonzert sei sie zu klein. Wann Botschen wieder in die Tasten der Teschemacher-Orgel greift, ist ungewiss. Denn er nimmt gerade seinen Resturlaub, verlässt die Gemeinde St. Antonius, um am 19. Februar die Stelle als Kantor und Seelsorgebereichsmusiker an St. Maria Magdalena in Bonn-Endenich anzutreten.
Nun bleibt zu hoffen, dass diese Kostbarkeit im Gegensatz zu früher regelmäßig gewartet wird und die barocke Stimmung wie zu Bachs Zeiten noch lange perfekt zum Tragen kommt. Laut Botschen kommt sie überwiegend an Werktagsgottesdiensten zum Einsatz. Orgelfans würden sich aber bestimmt freuen, wenn es künftig mit ihr regelmäßig Barockkonzerte geben würde.