Meinung Kostenexplosionen bei Wuppertaler Bauprojekten: Darf’s ein bisschen mehr sein?
Wuppertal · Der Umbau des Döppersberg hat Hoffnung geweckt, dass kostspielige Überraschungen der Vergangenheit angehören. Doch der Umbau des Carnaper Platzes zeigt das Gegenteil.
Eigentlich hat der Döppersberg Hoffnung geweckt, die Hoffnung darauf, dass es bei der Stadt Wuppertal vorbei ist mit kostspieligen Überraschungen. Bei diesem Projekt ist es beim letztlich festgelegten Kostenrahmen von etwa 150 Millionen Euro geblieben. Das ist äußerst bemerkenswert für Vorhaben der sogenannten öffentlichen Hand. Wie es anders geht, davon können sie in Berlin und Stuttgart ein Lied singen, und nicht nur dort.
Freilich ist auch Wuppertal nicht frei von Sünde. Die Stadthalle sollte einmal für etwa 30 Millionen D-Mark saniert werden, am Ende waren es mehr als 80 Millionen, inklusive vieler glücklicher Architekten und Restauratoren. Der Neubau der Schwebebahn war mit 490 Millionen D-Mark angekündigt und schlug letztlich mit 630 Millionen Euro mehr als doppelt so teuer zu Buche. Aber der Döppersberg ist im Kostenrahmen geblieben. Und mehr noch: Verwaltung und Politik zeigen sich lernfähig. Als sich nämlich niemand fand, der für knapp eine Million ein mehr oder weniger sinnvolles Fahrradparkhaus hinter das Primark-Gebäude baut, wurde der Plan einfach fallengelassen – bisher jedenfalls. So viel Vernunft ist nicht selbstverständlich bei Menschen, die das Geld des Steuerzahlers ausgeben. Und leider scheint das Beispiel Döppersberg nur eine Ausnahme zu sein, die Regel ist offenbar auch in Wuppertal weiter eine andere.
Der Bürger ist im allgemeinen Kummer gewöhnt. Es erschreckt ihn schon lange nicht mehr, dass im Bundestag die Milliarde die kleinste Recheneinheit geworden zu sein scheint. Im Land geben sich die Politiker bescheidener, hier winken sie nur Millionenbeträge ohne größeres Zögern durch. Warum auch nicht, solange es immer Nachschub gibt?
In Wuppertal scheinen ein paar Hunderttausend Euro keinen großen Geist im Rathaus zu stören. Wie nebenbei ließ die Verwaltung vor Wochenfrist wissen, dass der Umbau des Von-der-Heydt-Platzes in der Elberfelder Innenstadt um mehr als 700 000 Euro teurer wird. 700 000 Euro, also 50 Prozent mehr – und niemand zuckt. Es ist ja auch nicht so schlimm. Ein Großteil des Geldes kommt schließlich vom Land – leider allerdings vom selben Steuerzahler, der auch Wuppertals Kassen füllt.
Noch ärgerlicher ist die Entwicklung des Carnaper Platzes in Barmen. Der wäre beinahe Baugrund für die Wuppertaler Stadtwerke geworden. Aber ein paar geschichtsbewusste Bürgervereine und Anwohner haben das verhindert – wegen der so überaus gut besuchten Zirkusse und der tollen Kirmes. Und kostenloses Parken ist ja auch nicht schlecht.
Nun bauen die Stadtwerke auf ihrem zu kleinen Gelände für vermutlich mehr Geld neu, weil sie müssen. Die alten Gebäude sind asbestbelastet. Der Carnaper Platz hingegen sollte für knapp 700 000 Euro für die meisten Tage im Jahr ein großer, schöner Parkplatz werden. Daraus wird nun nichts. Jedenfalls nicht für 700 000 Euro. Der Finanzbedarf ist neu berechnet worden. Er beträgt nun 1,17 Millionen Euro. Und wieder stört es niemanden. Wuppertal hat’s ja. Was sind schon 400 000 Euro mehr?
Viel, sehr viel sogar. 400 000 Euro sind die Summe, für deren Einnahme eine Friseurin oder ein Fliesenleger oder eine Bürokauffrau mindestens 15 Jahre arbeiten müssen. 400 000 Euro können auch der Grundstock für die Finanzierung eines neuen Kindergartens sein, von denen in Wuppertal immer noch viele benötigt werden. Mit 400 000 Euro könnte die Stadt außerdem ein Jahr lang acht zusätzliche Angestellte bezahlen, um die leidigen Warteschlangen vor dem Einwohnermeldeamt zu verkürzen. Digitaltechnik für Schulen wäre mit 400 000 Euro ebenfalls üppig zu beschaffen.
Mit des Steuer- und Gebührenzahlers Geld lässt sich also auch in einer Stadt wie Wuppertal viel Sinnvolles machen, vernünftig Haushalten zum Beispiel, Wichtiges bezahlen, Unwichtiges nicht.
Darf’s ein bisschen mehr sein? Beim Metzger und am Obststand ist diese Frage durchaus erlaubt. In Städten mit notorischer Geldnot nicht, in Wuppertal schon gar nicht.