Meine erste Platte „Angst hatte ich nie, denn es ist ja alles einfach Musik“

Das erste Album von Guns n’ Roses war für den Bassisten Armin Alic wegweisend.

Armin Alic zeigt seine erste Vinyl-LP: „Appetite for Destruction“, das erste Album von Guns n‘ Roses.

Foto: Schwartz, Anna (as)

An die Entdeckung der ersten für ihn wichtigen Schallplatte kann sich Armin Alic noch genau erinnern. „Es war die Vinyl-LP ‚Appetite for Destruction‘, das erste Album von Guns n‘ Roses, das ich 1988 in die Hände bekommen habe“, erzählt er. Die Familie Alic lebte damals noch in Sarajewo, im ehemaligen Jugoslawien und heutigen Bosnien. „Dort waren Platten ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens. Es war immer ein richtiges Happening, sich zu treffen und Musik zu hören“, erzählt er von den Zeiten in seiner alten Heimat.

Schon mit vier Jahren lag er immer gerne unter dem Tisch, wenn seine Eltern Besuch hatten und Platten hörten. „Damals hat meine Leidenschaft für Musik angefangen. Mein Vater hatte eine große Plattensammlung, die war divers und bunt. Viele Prog-Alben von King Crimson, Genesis oder Pink Floyd und natürlich auch jugoslawische Rock-, Blues- und Popmusik. Aber auch Guiseppe Verdi und eben die ersten Guns n‘ Roses-Alben. Dadurch habe ich vieles mitbekommen, ohne genau zu wissen, was ich da hörte. Irgendwann habe ich mich vor den Plattenschrank gesetzt und hunderte von LPs durchgeguckt und so langsam haben sich Verbindungen zwischen gehörter Musik und Plattencover in meinem Kopf etabliert. Dort fiel mir dann das Guns n‘ Roses-Album in die Hände. Schon die Aufmachung hat mich elektrisiert und ich habe es sehr oft gehört.“

Schon früh wollte er Musiker werden. „Laut der Erzählung meiner Eltern habe ich mit fünf oder sechs zum ersten Mal gesagt, dass ich Musik machen will, nachdem ich einen Jungen im Fernsehen sah, der Geige spielte.“ In der Grundschule lernte er klassische Gitarre und auch Klavier und gewann sogar einen Gesangswettbewerb. Danach durfte er gelegentlich bei einer mit den Eltern befreundeten Band auftreten und ein paar Songs singen. „Bei den Proben war ich sehr fasziniert vom Bassisten und den Frequenzen und der Art, wie er so war und spielte. Dann kam leider der Krieg und wir sind nach Wuppertal zu meiner Tante gekommen, die ein altes Klavier und eine Gitarre hatte. Zwar in sehr schlechtem Zustand, aber ich habe trotzdem jeden Tag darauf gespielt, auch wenn es irgendwie frustrierend war.“

Obwohl er noch nicht gut Deutsch konnte, wurde er im September 1992 am Wilhelm-­Dörpfeld­-Gymnasium aufgenommen und machte direkt am ersten Schultag eine ganz besondere Erfahrung. „Ein bärtiger, älterer Mann holte mich aus dem Unterricht, weil er mich sprechen wollte. Ich hatte echt Angst, weil ich dachte, ich hätte etwas verbockt.“ Der Schulsekretärin, Frau Winkelius, hatte Armin Alic vorher erzählt, dass er gerne Musik mache, auch ein bisschen Gitarre und Klavier spielen könne, aber viel lieber Bass spielen würde. Der bärtige Herr war der Lehrer Klaus Fehrholz, der für seine Schulband dringend einen Bassisten suchte „und da war ich natürlich total begeistert und habe sofort ja gesagt“.

Alic hat sich beim Bass direkt „zu Hause“ gefühlt und das Spielen weitgehend autodidaktisch gelernt: Er spulte Musikkassetten so oft vor und zurück, bis er es beherrschte. Vor allem mit dem 1991 veröffentlichten ersten Pearl Jam Album „Ten“ und „Nevermind“ von Nirvana. „Die beiden Alben waren am Anfang meiner musikalischen Gehversuche sehr wichtig für mich. Schon kurz danach habe ich eigene Projekte ins Leben gerufen und war größtenteils mit Metal-Zeug unterwegs.“

Mitte der 1990er Jahre spielte ihm ein Freund das King Crimson-Album „Thrak“ vor – damit begann seine große Liebe zu dieser Band. Er merkte, dass er die ersten Platten der englischen Band wohl schon als Kind nachts unbewusst unter dem Tisch liegend im Elternhaus gehört hatte. 2018 konnte er die Band dann in Essen gemeinsam mit seinem Vater erstmals live erleben und fand die Musik „wahnsinnig und grandios“. Um die Jahrtausendwende fing er durch seine Bekanntschaft mit dem Schlagzeuger Mickey Neher und dessen älterem Bruder Christoph an, sich mit Jazz & Blues und schwarzer Musik zu beschäftigen.

Seit 2015 Mitglied der
Henrik-Freischlader-Band

„Es war ein großes Glück, die beiden kennengelernt zu haben, die sich zu Mentoren entwickelten. Ich habe sehr viel von den beiden gelernt, für mich eröffnete sich eine neue Welt. Mit Christoph habe ich einmal die Woche Standards gespielt und er gab mir jedes Mal eine Jazz-CD mit. Ich musste versuchen, herauszufinden, worum es da geht und wie die Musik funktioniert. Das haben wir rund acht Jahre gemacht. Dadurch habe ich ein gewisses Selbstbewusstsein entwickelt und mich dann gerne in Situation begeben, wo ich mit Leuten gespielt habe, die alle viel besser waren als ich. Angst hatte ich nie, denn es ist ja alles einfach Musik.“

Ab 2008 spielte er als Ersatzmann bei der Henrik-Freischlader-Band. „Als Henrik mich 2015 fragte, ob ich festes Bandmitglied werden will, war ich sehr glücklich.“ 2009 war er Gründungsmitglied des Royal Street Orchestra, das soeben eine CD mit der Kammerphilharmonie eingespielt hat. Ein Projekt, das aus dem Auftritt bei der „Kultur-Trasse“ 2017 in der Immanuelskirche hervorging. „Dies war solch ein Erfolg, dass ich sagte: Daraus sollten wir ein Album machen. Der Mix ist zur Hälfte fertig, ich gehe davon aus, dass es im Herbst herauskommt.“

Jedenfalls hat es ein Freund der Familie geschafft, einen Teil der Plattensammlung seines Vaters, in Sicherheit und irgendwie nach Wuppertal zu bringen, so dass Armin Alic auf dem Foto mit dem Originalcover der für ihn wegweisenden Langspielplatte zu sehen ist.