Die Kantorei freut sich über eine exotische Entdeckung

Die Kantorei Barmen-Gemarke erarbeitet Schumanns Missa sacra. Zu hören ist sie am 5. Juni.

Wuppertal. Herr Kläsener, zum 200. Geburtstag des Komponisten Robert Schumann am 8. Juni gibt es in diesem Jahr viele Veranstaltungen - meistens dominiert das Lied oder seine Kammermusik. Sie aber erarbeiten mit der Kantorei Barmen-Gemarke etwas Exotisches für Ihr Konzert am 5. Juni: seine große "heilige Messe" für Chor und Orchester oder Orgelbegleitung. Welche Stellung nimmt diese Missa sacra in seinem Werk ein?

Wolfgang Kläsener: Schumann wird als geistlicher Komponist bis heute eigentlich überhaupt nicht wahrgenommen. Das ist schade für die Zuhörer und für die Chöre. Entscheidend ist, dass Schumann sich an ein allgemein-religiöses, natur-religiöses Grundgefühl wendet. So wie es im Zeitalter der Romantik von vielen empfunden wurde. Für uns heute macht das die Messe attraktiv auch für all diejenigen, die sich sonst mit weltlicher Musik beschäftigen - sie können da auch mal in geistliche Musik "hineinschnuppern".

Kläsener: Das ist nicht entscheidend, mit Einordnungen wie "protestantisch" oder "katholisch" kommen wir hier nicht weiter. Seine lateinische Textvorlage stellt er aus dem "Ordinarium Missae" zusammen, einem beinahe überkonfessionellen Text. Was von ihm in Düsseldorf erwartet wurde, konnte Schumann hinter sich lassen, als er sich an die Vertonung dieses allgemeingültigen "Welt-Textes" machte. Er wollte seine freien Ideen, die freien expressiven Kräfte entfalten und sich nicht zu sehr auf das einzelne Wort fixieren lassen.

Kläsener: Wir hören eher auskomponierte Grundtendenzen, Grundstimmungen als eine strenge geistliche Vertonung. Ganz sphärisch ist der Beginn, dann allmählich entwickelt sich die Musik und es gibt ebenso den plakativen Lobpreis Gottes wie ein vielstimmiges Durchgehen durch den Text der Messe, von Empfindung zu Empfindung sozusagen.

Kläsener: Schumanns erste Fassung war wohl diejenige für "sein" städtisches Orchester in Düsseldorf, 1853 schrieb er dann die Orgelfassung, die auch in unserem Konzert erklingen wird. Sie hat ihren ganz eigenen Reiz, weil die Musik besonders in die Innigkeit zurückgehen kann. Die Messe gehört eher zum Spätwerk Robert Schumanns, das schon unter einigen Vorurteilen gelitten hat. Die einen fanden ihn schon halb-verrückt, die anderen vermissten das jugendlich-stürmerisch Drängende und Formsprengende. Solche Katalogisierungen führen nicht weiter. Die Messe ist zugleich voll von Sturm und Drang, aber auch voll von außerordentlich ungewöhnlichen Ideen, die einem Spätwerk im Sinne eines kompositorisch reichen Lebenswerks zuzuordnen wären.