Die Sinfoniker erfüllen Wünsche
Das Orchester wird 150 Jahre alt und spielt, was die Gäste hören wollen: In der neuen Saison gibt es viele Überraschungen.
Wuppertal. Das Leben ist kein Wunschkonzert — behauptet der Volksmund und liegt damit zumindest in diesem Fall vollkommen falsch.
Richtig ist nämlich, dass das Wuppertaler Sinfonieorchester in der kommenden Saison einen ganz besonderen Geburtstag feiert — und seinen treuen Zuhörern deshalb auch (mehr als) einen ganz besonderen Abend bescheren möchte. Mit einem prall gefüllten Konzertprogramm möchte das städtische Ensemble beweisen, dass klassische Musik alles andere als verstaubt sein muss und das Orchester selbst — mit Blick auf das 150-jährige Bestehen — neue Wege geht. Dabei wollen die Sinfoniker zeigen, dass sie nicht nur ein eingespieltes Team sind und Dirigenten-Anweisungen folgen, sondern auch auf ihr Publikum hören.
Das Leben ist eben doch ein Wunschkonzert — zumindest gilt das an zwei Februar-Tagen. Ganz nach dem Motto „Wünsch dir was!“ hat das Publikum noch bis zur Sommerpause Gelegenheit, auf Wahl-Postkarten abzustimmen. Was sollen die Sinfoniker im sechsten Sinfoniekonzert spielen? Das Ergebnis ist am 17. und 18. Februar 2013 in der Stadthalle zu hören — im Großen Saal, in dem Chef-Dirigent Toshiyuki Kamioka den Ton angeben wird. So viel steht schon jetzt fest.
Der Rest ist noch offen. Der gebürtige Japaner ist entsprechend gespannt auf das, was ihn erwartet. „Ich hoffe nicht, dass es etwas Schwieriges wird und dass ich Tag und Nacht lernen muss. Ehrlich gesagt: Ich zittere im Moment.“ Kamioka sagt es mit dem ihm typischen Augenzwinkern. Und so war die gestrige Programmvorstellung auch wieder ein gelungener Auftritt, mit dem der Chef-Dirigent alle Zuhörer in seinen Bann zog.
Schnell, sicher und sympathisch verkündet Kamioka die aktuelle Programmplanung — ohne auch nur einmal in das druckfrische Spielzeitheft zu schauen. Was ihn bewegt, weiß er auswendig.
Wenn der 51-Jährige spricht, klingt es immer ein wenig hastig — aber auch authentisch und ungekünstelt. Man muss schon ganz genau hinhören, um den Japaner zu verstehen. Das Wichtigste ahnt man aber auch so: Kamioka brennt für seine Kunst, für die Stadt, in der er längst zum Publikumsliebling avanciert ist, und vor allem für seine „Mannschaft“, wie er das Orchester nennt. Und er ist immer für einen flotten Spruch zu haben. „Procol Harum — keine Ahnung, was das ist“, sagt er nüchtern und doch irgendwie schelmisch. „Die allgemein Crossover-Welle ist so groß. Warum also nicht einfach mitmachen?“
Rock trifft deshalb auf Klassik: Bei einem gemeinsamen Stadthallen-Konzert mit der britischen Band Procol Harum und der Kantorei Barmen-Gemarke will das Orchester am 5. und 6. April ungewohnte Töne anschlagen (die WZ berichtete bereits).
Die Festsaison hält allerdings noch viel mehr bereit. Zehn Sinfonie-, vier Chor-, vier Familien- und vier Schulkonzerte stehen auf dem Programm. Außerdem sind vier Orgel-Akzente zu erwarten. Und: Im Jubiläumsjahr gibt’s sechs statt der sonst üblichen fünf Kammerkonzerte. Neben einem Gastspiel in Mailand (27. Februar) sind auch sechs Sonderauftritte in der Heimat geplant — darunter ein Konzert, in dem Abonnenten mitspielen (2. Februar).
Los geht’s mit einem Paukenschlag: Das große Festkonzert soll am Samstag, 15. September, um 20 Uhr in der Stadthalle über die Bühne gehen — mit Stücken von Richard Wagner (Meistersinger-Ouvertüre) und Ludwig van Beethoven ( Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67). Beendet wird der Festreigen an der frischen Luft: Bei einer Open-Air-Gala soll sich der Laurentiusplatz am 13. Juli 2013 in eine große Bühne verwandeln.
Schon einen guten Monat zuvor gibt es einen weiteren Grund zum Feiern: Mathias Christian Kosel komponiert eigens für das Wuppertaler Orchester ein neues Stück, das „Pan“ heißt und im neunten Sinfoniekonzert (2. und 3. Juni 2013) vorgestellt wird.
Und die Sinfoniker selbst? Haben bereits ihre Stimme abgegeben. Ganz nach dem Motto „Gleiches Recht für alle“ warten sie nun nicht nur ab, wofür sich die Zuhörer bei der Publikumsabstimmung entscheiden. Sie durften auch selbst votieren. Das Ergebnis steht bereits fest: Im siebten Sinfoniekonzert (17. und 18. März) erklingt neben Dvoráks Cellokonzert h-Moll op. 104 auch die „Alpensinfonie“ von Richard Strauss. „Ich habe sie noch nie dirigiert und bin gespannt“, sagt Kamioka.
Was wäre wohl, wenn er selbst einen Wunsch frei hätte? Es klingt ganz danach, als könnte die Chorkonzert-Reihe zusätzlichen Zuspruch vertragen. „Ich fände es schön, wenn da noch mehr Zuhörer kommen würden.“
“ Der Vorverkauf startet am 15. August. Nähere Infos zu Karten und dem kompletten Programm gibt es unter