Ein Lehrer als Literat: Autor liebt das Leben in Wuppertal
Hans Werner Otto schreibt Erzählungen mit viel Lokalkolorit. Am 23. April ist er live zu erleben.
Wuppertal. "Eigentlich habe ich nie für die Schublade geschrieben - nur, wenn mich gerade irgendwas gebissen hat oder für einen bestimmten Anlass." Mit leiser Stimme, ab und zu einen kleinen Schluck würzigen indischen Tees kostend, erzählt der Wuppertaler Hans Werner Otto von seinem schriftstellerischen Werdegang.
Doch sein Debüt, die Geschichtensammlung "Mediterraner Heuschnupfen", 1986 im Sisyphos Verlag erschienen, erhielt sogleich Lob. Der große zeitkritische Erzähler Alfred Andersch schrieb ihm kurz vor seinem Tod: "Bonifacio’ ist ausgezeichnet! Ich danke Ihnen dafür, dass Sie es mich lesen ließen." Das ermunterte Otto, seine Tagebuchnotizen von Reisen ans Mittelmeer für neue Erzählungen zu nutzen.
Schon früh zeigte sich, wo der Autor seinen Schwerpunkt legt: Das erzählte Erlebte mischt er mit Fiktivem und belegt mit gut recherchierten Fakten oder zitiert aus historischen Schilderungen. Unerschöpflicher Fundus ist für den 55-Jährigen aber sein Leben in Wuppertal.
So war der gebürtige Elberfelder, der in Barmen aufgewachsen ist, stets bei den Literaturtagen der Volkshochschule zu Gast und erhielt in Solingen den Heinz-Risse-Literaturpreis für seine Erzählung "Tomorrow is a long time" - eine Collage, in der er Erzähltes und Erlebtes aus New York mit den Erlebnissen eines Wichlinghauser Zeitungsboten mischt.
Lokalkolorit ist nun aus seinen Texten nicht mehr wegzudenken. In "(K)ein anderes Wuppertal" aus dem Wuppertaler HP Nacke Verlag ist Otto mit drei Erzählungen vertreten und in der Sammler-Reihe "Die Besonderen Hefte", bibliografische Kostbarkeiten aus dem Nordpark Verlag, hat Otto 2009 bereits das vierte Heft verlegt: In "Winde lassen, Wünsche werfen" arbeitet er die Familiengeschichte auf.
Zwischen Magie, Aberglauben und Wunschdenken, zwischen Kind- und Erwachsenenwelt, zwischen bitterer Realität und Mitmenschlichkeit in schweren Tagen bewegen sich die Erzählungen mit Wuppertal-Bezug.
In "Westkotten oder: Hitler ist kein feiner Mann" etwa wertete Otto Feldpostbriefe seines Onkels aus. "Zu Rappoport’, der Geschichte des jüdischen Arztes in der Stadt, habe ich viel recherchiert und Informationen gesammelt. Jetzt gerade habe ich noch Fotos von den Verwandten der Rappoports aus Ungarn erhalten, die ich der Begegnungsstätte Alte Synagoge in Elberfeld für die ständige Ausstellung zur Verfügung stelle", berichtet der Autor.
Neben dem Schriftsteller Hans Werner Otto gibt es noch den Theaterpädagogen, den Bühnenautor, den Regisseur und den Schauspieler - denn die Bühne hat es ihm nicht erst seit seiner Heirat mit Bénédicte Billiet, Tänzerin und Choreografin im Tanztheater Pina Bausch, angetan.
Der Lehrer an der St.-Laurentius-Schule in Elberfeld hat auch Theaterpädagogik in Berlin studiert und war mit der Aue-Theatergruppe immer wieder zu den Schultheater-Treffen eingeladen. Mit "Was wollt ihr denn?" - frei nach Shakespeare - hat er das Land NRW auf Bundesebene vertreten.
Beim freien Theater Neue WuTH" hat Otto bei den Stücken "Indien" und "Fettberg tobt" Regie geführt und als die Dörte Balds "Seifenoper" auslief, schlug die Stunde für "Talort" - den Krimi aus dem Bergischen, bei dem Hans Werner Otto textet und zusammen mit Bruder Stefan auch schräge Rollen spielt.
Am 23. April ist wieder der Literat gefragt: Bei der Wuppertaler Turm-Tour lesen sechs Autoren ihre Turm-Texte. Ottos Erzählung spielt am Toelleturm. Und ein Roman schlummert nun doch in des Verlegers Schublade: "Gott wird uns schon nicht kriegen" soll im kommenden Herbst erscheinen.