Kultur in Wuppertal Momentaufnahmen einer Reise ohne Fahrplan

Ausstellung bei Droste: Heiko Zahlmann hat eine Formensprache entwickelt, die wenig mit seinen Graffiti-Ursprüngen gemein hat.

Wuppertal, Patrick Droste (rechts) und Künstler Heiko Zahlmann

Foto: Schwartz, Anna (as)

Das Spannende bestehe darin, das schwere Material so weit zu bearbeiten und zu reduzieren, dass es ganz leicht und so wirke, als ob es nicht an der Wand hänge, sondern sich selbst trage, sagt Katharina Galladé von der Galerie Droste. Einer, der sich seit 30 Jahren damit erfolgreich beschäftigt, ist der Hamburger Heiko Zahlmann, dessen künstlerische Entwicklung mit Graffiti begann – er initiierte ab 2000 die Urban Discipline Exhibitions, die zu den weltweit wichtigsten Graffiti-Ausstellungen zählen.

Doch das ist lange her. Seine 13 Arbeiten, die er seit dem Wochenende in der Galerie an der Katernberger Straße zeigt, haben sich von den kunstvollen, bunten Schriftzügen an der Wand gelöst, ohne diese Wurzeln zu leugnen. Sie sind „Momentaufnahmen“ einer Reise „ohne Fahrplan und Manifest“, so Zahlmann. Titel der Ausstellung: „Words become Things“.

2007 war der heute 46-Jährige schon einmal in Wuppertal, nahm mit weiteren Urban Artists an der Ausstellung „Still on and non the Wiser“ in der Von der Heydt-Kunsthalle teil. 2016 stellte ihn die Galerie Droste erstmals aus, mit Skulpturen und wieder in einer Gruppe. Die aktuellen Werke wurden fast alle 2019 gefertigt, die Bilder bestehen aus Gips auf Leichtbeton, zwei Skulpturen aus Lack auf Beton, eine weitere aus dem Jahr 2017 aus polierter Bronze. Die relativ kleinen Objekte erinnern noch an eckige, teilweise zackige Buchstabenteile, die freilich von der Fläche ins Räumliche übertragen worden sind.

Arbeit mit Spachtel, Lineal,
Kreissäge und Beton

Katharina Galladé: „Heiko Zahlmann gehörte zu denen, die 3D-Formen ins Graffiti einführten.“ Und er arbeitete viel mit Architekten zusammen, entdeckte so Kunst am Bau und Bau-Materialien für sich. Klar könne man auch Linien auf Leinwand malen, aber Zahlmann will das nicht. Er arbeitet mit Spachtel, Lineal, Kreissäge und Beton. Seine Formensprache trägt die immer weiter abstrahierte und einfarbig gewordene Schrift in die Dreidimensionalität und in den Raum. Sie wird zum Strich, zum Freiraum – und manchmal verzichtet er sogar ganz darauf.

Etwa bei „I know, I can change“, das schwungvoll und leicht ist, eine blumige, wolkige Phantasielandschaft auf 1,75 mal 1,15 Metern. „Eigentlich wollte ich noch Linien durchziehen“, erinnert sich der Künstler an die Entstehung. So wie er es bei einigen anderen, meist weiß gehaltenen, Arbeiten getan hat, die nun in der Galerie zu sehen sind. Nur ließ er hier zu, dass das Bild auch so stimmig und fertig ist. Mit dem Namen des Bildes sagt er zugleich, dass er es jederzeit verändern könne.

Schräg gegenüber hängt zum Kontrast das 250 mal 64 Zentimeter breite kantige, strenge Werk „You only see the negative aspects“. Es besteht aus fünf schwarzen Beton-Platten, die diagonal durchtrennt und auseindergezogen sind. Die durch die Schnitte entstanden Freiräume sind Remineszenz an die Linien, die anfangs mit der Spraydose an die Wand gebracht wurden.

Ein bis zwei Ausstellungen macht der Hamburger im Jahr, interessiert sich sonst vor allem für Kunst im öffentlichen Raum. Seine begehbare Skulptur „20357“ auf dem Hamburger Karolinenplatz beschäftigt ihn und die Menschen bis heute, demnächst folgt ein Objekt aus Cortenstahl in Saarbrücken. „Words become Things“ eben. Zahlmann will nicht gefällig sein, will weg vom Dekorativen. Geht einen Weg nicht weiter, nur weil er einmal damit Erfolg hatte. „Ich lasse zu, dass die Reise weitergeht.“ In Wuppertal macht er noch bis 1. April Station.

» Die Ausstellung ist bis 1. April dienstags bis freitags 10 bis 16 Uhr und samstags 12 bis 16 Uhr in der Galerie Droste, Katernberger Straße 100, zu sehen.