Gastspiel: Musicals im Schnelldurchlauf
Sechs Sänger und acht Tänzer verzauberten ihr Publikum in der Stadthalle – auch wenn’s nur Musik aus der Konserve gab.
Wuppertal. Man kann im Leben nicht alles haben. Das gilt für Hobbysänger, also bekennende "Schaumschläger", die mit Begeisterung in der eigenen Wanne trällern und dabei wohlig-warmes Wasser, aber kein zahlendes Publikum haben, genauso wie für die Profis, die am Dienstagabend das Bad in der Menge genossen, begeisterte Zuhörer, aber keine adäquate Musikbegleitung hatten.
Dass die Broadway Musical Dance Company an einer Liveband spart, ist schade für die sechs Solisten, die es im Großen Saal der Stadthalle aber trotz allem schaffen, "Die Nacht der Musicals" mit Dramatik, Temperament und Emotionen zu füllen - obwohl es nur Musik aus der Konserve gibt.
Auch ein Moderator fehlt - im Gegensatz zur Konkurrenz-Show, die vor fast genau einem Monat an selber Stelle "Musical hautnah" versprochen hatte. Damals gab’s Livemusik - aber keine Tänzer. Die wirbeln diesmal zu acht durchs stimmungsvolle Scheinwerferlicht.
Für bewegende Momente sorgen aber vor allem die Sänger, die zur rechten Zeit die Fäuste in die Höhe recken ("We will rock you"), sich hinreißend anschmachten ("Dirty Dancing") oder mit raffinierten Neonlicht-Kostümen tierisch Farbe bekennen ("König der Löwen").
Das alles klingt gut, einiges sogar ausgezeichnet - vor allem, wenn Martina Rumpf allem Übel dieser (Musical-)Welt mit Inbrunst die Stirn bietet. Gegen das "Phantom der Oper" wehrt sich die Wienerin auf Englisch ("Think of me"), als Kaiserin Elisabeth ist sie ebenfalls nicht unterzukriegen - und sagt’s auf gut Deutsch ("Ich gehör nur mir").
Zwischen den Sprachen, Musicals und Kostümen springt das Ensemble mit einem wirkungsvollen Konzept: In schöner Regelmäßigkeit wechseln sich schnelle Szenen und gefühlvolle Arien ab. Die Dramaturgie stimmt, die Liedauswahl ebenso. Wie Perlen an der Schnur reihen sich weltbekannte Melodien aneinander - von "Grease" bis "Evita".
Bettina Reifschneider hat ihren besten Auftritt beim "Cats"-Klassiker "Memory", Barbara Endl durchweg keckes Temperament. Und genau das ist auch im Land der Transvestiten gefragt, dem sich der männliche Publikumsliebling (natürlich) mit Strapse und Selbstbewusstsein bewegt: Marius Sverrisson wackelt frivol mit dem Po, klettert kokett von der Bühne, zieht das Publikum augenzwinkernd auf seine Seite.
Ganzen Körper- und Stimmeneinsatz zeigt auch Korbinian Arendt: Der Solist überzeugt nicht nur durch den besten Hüftschwung, er zeigt auch die größte Wandlungsfähigkeit, Mimik und Bühnenpräsenz. Dass nach dem "Mamma Mia"-Medley eine Zugabe fällig wird, ist deshalb so klar wie die glänzenden Augenpaare im Publikum.
Gute Laune, ein hoher Mitklatschfaktor und Gänsehautgarantie: Insgesamt 18 Musicals werden im Schnelldurchlauf gefeiert - zweieinhalb Stunden lang. Damit der Liederabend jedoch tatsächlich das Prädikat "Gala" verdient, wären eine Band und ein Conférencier nötig, der galant durchs Programm führt. Egal - die Stimmung im Saal ist trotzdem bestens. Man kann eben nicht alles haben...