Grenzgänger im Takt der Musik
Sie sind ein musikalisches Paar: Ulrike und Matthias Nahmmacher lieben klangvolle Experimente.
Wuppertal. Ulrike und Matthias Nahmmacher sind in Wuppertal bekannt für ihre Grenzgänge - zwischen den verschiedenen Künsten, zwischen den Musikformen und bis an die technischen Grenzen ihres Instrumentes.
"Dabei bin ich ganz klassisch zwischen Streichquartett und Bachkantaten groß geworden", sagt Ulrike Nahmmacher schmunzelnd. "Aber ich habe schon immer etwas weiteres gesucht als die ,brave’ klassische Musik." Sie spielte Geige zu den Stücken der Schultheatergruppe und erhielt viele Initialzündungen von bekannten Dirigenten, als sie bei der Jungen Deutschen Philharmonie mitspielte. Und sie lernte ihren späteren Mann Matthias kennen, der auf ein klassisches Querflötenstudium verzichtete: "Das, was mich interessiert hat, kann man sowieso nicht studieren."
Die Liebe zur selbst entwickelten Musik begann, als Matthias Nahmmacher immer häufiger gebeten wurde, bei Ausstellungseröffnungen zu flöten. "Da habe ich irgendwann den Notenständer stehen gelassen und einfach etwas anderes gespielt - Musik, die wirklich das Bild vertont."
Die Leute waren begeistert. Immer häufiger wurde das Ehepaar gebeten, Musik direkt zu einem Bild, einer Landschaft oder auch einer Dokumentation zu erfinden. "Improvisation ist der Jubel für den Moment. Selbst Leute, die skeptisch sind, werden durch die Spannung mitgerissen", lautet ihre Erfahrung. Um dabei alles Gewünschte ausdrücken zu können, sei entgegen vieler Vorurteile eine große Bandbreite technischer Fähigkeiten von Vorteil.
Neben ihrer Tätigkeit im Wuppertaler Sinfonieorchester und mit einem Lehrauftrag an der Wuppertaler Musikhochschule nimmt sich Ulrike Nahmmacher so oft es geht Zeit für Improvisationen. Zur Vertonung eines Sonettes von Rilke mit Sprechstimme gründete das Ehepaar das Ensemble Sonorfeo.
Im Kern besteht es aus vier Instrumentalisten, kann bei Bedarf aber jederzeit erweitert werden. "Wir haben einen großen Pool an Musikern, mit denen wir zusammenarbeiten." Eine selbst erfundene Spezialität von Sonorfeo ist das Schnipsel-Kino: Von einem guten Bilderbuch werden die Bilder schnipselweise enthüllt, dazu die Geschichte gelesen und improvisiert vertont.
Ein von beiden sehr geschätzter und ebenfalls gerne musizierter Autor ist Ernst Jandl. Also riefen sie 2006 kurzerhand ein Jandl-Festival ins Leben. Zusammen mit der Kantorei Barmen-Gemarke näherten sie sich an Bachs Werke an.
Das Ehepaar arbeitete mit Uwe Johnson und Eugen Egner zusammen, konzertierte mit der Gesellschaft für Neue Musik und widmete sich Celan und Ringelnatz.
Im "Olga - Raum für Kunst" ist es Mitmieter, um für jedes noch so abgedrehte Projekt einen geeigneten Konzertraum zu haben. Zuletzt gönnten sie sich aber erst einmal drei Wochen Pause: Völlig ohne Musik, "nur mit Rabenrufen und Adlerschreien", wanderten Ulrike und Matthias Nahmmacher mit Rucksack und Zelt durch Norwegen.