Theater Heldin als Alter Ego des Autors

Das Schauspiel inszeniert Wolfgang Herrndorfs „Bilder deiner großen Liebe“.

Sarah Prinz, Barbara Büchmann und Jonas Vondrlik (v.l.) sind das Team hinter „Bilder deiner großen Liebe“.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wie bringt man einen Roman auf die Bühne, den sein Autor unvollendet ließ und nicht veröffentlicht wissen wollte? „Bilder deiner großen Liebe“ ist 2014 erschienen, den Titel hat ihm Wolfgang Herrndorf selbst gegeben. Der unheilbar Kranke ließ sich zur Veröffentlichung überreden, bevor er sich erschoss. Viele Theater haben die Geschichte der 14-jährigen Isa vielfältig inszeniert – als Liederabend, Monolog- oder Mehrfrauen-Stück. Das Schauspiel Wuppertal bleibt nah am Roman, erzählt ihn mit einer Frau und einem Mann. Isa wird dabei zum Alter Ego von Herrndorf, der verschiedene männliche Rollen annimmt. Am 7. Dezember findet die Premiere im Theater am Engelsgarten statt.

Schon bei „Tschick“, dem Roadmovie, das Herrndorf weltbekannt machte, tauchte Isa in einer Episode auf einer Müllkippe kurz auf. Sie war für Barbara Büchmann eine der spannendsten Figuren des Romans. Umso erfreuter war die ausgebildete Schauspielerin, als Herrndorf die Geschichte der jungen und unabhängigen Frauenfigur nachlieferte.

Es ist die Geschichte einer Jugendlichen, die aus der Jugendpsychiatrie ausbricht, barfuß durch Deutschland rennt und vornehmlich älteren Männern begegnet. Begegnungen, die weniger der Wirklichkeit entspringen, als Dämonen ihres und Herrndorfs Inneren sind.

Seine Auffassungen „liegen immer unter dem Text“, sagt Büchmann, die die Inszenierung verantwortet. Auffassungen, die viel um die Natur, den sie als Verbündeten sehen, vor allem aber um den Tod kreisen, in dessen selbstbestimmtem Herbeiführen Isa und Wolfgang vereint sind. Das Ende bleibt (wie im Buch) offen.

Eine Herausforderung
und ein Experiment

Ein spannendes, existentielles, auch anstrengendes Experiment sei die Inszenierung, erzählt Büchmann, die bereits für das Junge Theater und #Schnappschuss Regie führte. Eine Herausforderung, für die sie täglich dankbar sei, sagt Dramaturgin Barbara Noth. Eine Herausforderung auch für Jonas Vondrlik, der die Naturbilder in Buch und Stück bildlich „umdrehte“. Indem er ein minimalistisches, klinisches Bühnenbild schuf.

Es besteht aus drei riesigen Bauplanen, die seitlich versetzt als bewegliche, milchige Wand von der Decke herabhängen. Davor stehen mehrere, schmale und mit Kunstrasen begrünte Bühnenstege. „Das sind tolle, diffuse und durchleuchtende Folien“, schwärmt Vondrlik. Die Planen wurden mit UV-Farben bemalt, dienen als Projektionsflächen für Isa, „die Erschafferin der Welten“, ergänzt Büchmann. Weshalb bei der Inszenierung die Beleuchtung (Sina Kohn) eine zentrale Bedeutung hat.

Sarah Prinz (Kostüme) überträgt das reduzierte Bühnenbild auf die Ausstattung der Schauspieler. Lena Vogt (Isa) und Alexander Peiler (ein Mann/Herrndorf) tragen weiße, heutige Kleidung, die ebenso als Projektionsfläche dient. „Weiß ist auch eine symbolträchtige Farbe, steht für Unschuld“, erklärt Prinz. Die vielen Behauptungen Isas werden durch „leicht surreale Accessoires“ dargestellt.

Für Barbara Büchmann, Jonas Vondrlik und Sarah Prinz ist es die erste Aufführung im regulären Spielplan. Intendant Thomas Braus will so bei ihrem Fortkommen helfen, zugleich dem Schauspiel eine frische Handschrift geben. Büchmann: „Ich wünsche mir, dass die Menschen erkennen, dass der Tod zum Leben gehört, und sie einen kleinen Teil von Isa mitnehmen.“