Installation Oper: „Gesang der Maschinen“
Wuppertal · Besondere Spielzeiteröffnung der Wuppertaler Oper. Wie die Flutkatastrophe gleich mehrfach für eine Aufführung bedeutsam ist.
Es wummert, dröhnt, tockt, zischt, schwellt an wie eine Brandung und ebbt zu völliger Stille ab. Ein Glöckchen klingt hell, ein Gong dumpf, eine Stimme gibt geheimnisvolle Anweisungen, Instrumente werden gestimmt. Der Klangteppich kommt aus Lautsprechern, die sich dezent auf das Opernhaus in Barmen verteilen. Besonderer Start in eine besondere Spielzeit. Wegen der Flutkatastrophe, die das Gebäude im Juli heimsuchte und weil die Klangkünstlerin und Architektin Nathalie Brum die Maschinen, die die Spielstätte lebendig halten, zum Singen gebracht hat. Darunter auch solche, die später das Wasser zerstörte. Alle elf „Aufführungen“ des „Gesangs der Maschinen“ waren am Wochenende ausverkauft.
Durch das Hochwasser geschädigte Bereiche einbezogen
Es gab viele Versionen für den Aufbau der einzigartigen Klanginstallation. Vor dem Hochwasser bezog er nur Foyer und Publikumsbereiche ein, nach dem Hochwasser musste eine stromunabhängige Bespielung erarbeitet werden, wurde der Außenbereich in Gestalt dreier Innenhöfe einbezogen. Letztlich führte der Weg auch an freigelegtem, modrig riechendem Mauerwerk und an aussortiertem Gastromobiliar der Brasserie vorbei. Kam durch den hohen, bläulich angeleuchteten Anlieferungsbereich der Kulissen, um auf verwinkelter Fährte - an der stillgelegten Bühne vorbei und durch einen Garderobenbereich - in den beiden Foyers zu enden. Dort konnten sich die Besucher Videos von Nathalie Brum und Alexander Borowski anschauen, die Bühnen- und Publikumsbereich zeigen, wie sie vor der Flut aussahen und funktionierten: Mit Scheinwerfern, die zielgerichtet ausleuchten, Podien, die rauf und runter fahren, intakten Lüftungsanlagen und bewegbarem Eisernen Schutzvorhang. Auf Visuals von Sebastian Wulff und Raphael Zöschinger aus schwarz-weißen Piktogrammen der Gebäudetechnik waren zudem an Francis Picabia erinnernde Bilder zu sehen - ein filmisch in Bewegung versetzter Maschinenplan.
Nathalie Brum erkundet im Rahmen ihres Masterstudiengangs „Klang und Realität“ an der Hochschule in Düsseldorf Klänge hinter den Bühnen von Spielstätten. Die Sanierung der Kölner Oper hatte sie auf die Idee gebracht. Damals hatte die Architektin erfahren, dass ein immenser planerischer und technischer Aufwand betrieben wird, um die zum Teil ziemlich lauten Geräusche zu unterbinden, die Maschinen machen, wenn sie das Geschehen auf der Bühne technisch ermöglichen. Vom fahrbaren Orchesterpodium, über die Klima- und Belüftungszentrale bis zum Batterie- und zum Dimmerraum. „Eben alles, was für die Infrastruktur einer Oper essentiell ist. Ich habe mich gefragt, wie diese Maschinen im Betrieb klingen“, erzählt sie. Ob ein Operngebäude eine eigene Stimme, eine eigene Seele habe.
An der Wuppertaler Oper fand sie tatkräftige Unterstützung für die Beantwortung ihrer Fragen. Seit dem Sommer 2019 erlebte sie hier Aufführungen, Proben oder auch Leerzeiten, machte Aufnahmen, arrangierte, filterte, kombinierte schließlich aus über hundert verschieden langen Klangdateien eine Komposition. Eine Einladung, sich durch die „auf links gedrehte Oper“ treiben zu lassen, zu hören und zu sehen, was „ganze Wohnungen voller Technik leisten, damit die Zuschauer sich wohlfühlen“. Die Wuppertaler nahmen die Einladung gerne an.