Krasse Sprache und Multimedia
Philippine Pachl stellt sich auf der Theaterbühne vor. Mit „Und jetzt: Die Welt!“ begeistert sie das Premierenpublikum.
Wuppertal. Ihre Stimmung schwankt, so wie sie selbst. Freudig, ärgerlich, gestresst, gedopt: Die junge Frau, die Philippine Pachl in ihrer „Visitenkarte“ spielt, ist zerrissen. Sie kommuniziert auf allen Ebenen, ohne wirklich viel zu sagen. Sie ist modern. „Und jetzt: Die Welt! Oder: Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen“ heißt das Stück von Sibylle Berg, das gerade im Theater am Engelsgarten Premiere hatte und mit dem Philippine Pachl sich als Schauspielerin empfehlen konnte.
Die Handlung ist überschaubar: Eine vermutlich Mittzwanzigerin — sie hat studiert und unbezahlte Praktika absolviert — spricht mit mehreren Personen über verschiedene Kanäle. Sie bekommt SMS von ihrer Freundin, in die sie heimlich verliebt ist, telefoniert mit der Mutter, skypt mit der Mitbewohnerin und mailt mit der Halbschwester. Außerdem nimmt sie ein Video für einen gewissen Paul auf, den sie auf einem Monitor beobachtet und der „einen komischen Lappen vor dem Mund“ trägt. Ihre Aufnahmen werden teilweise auf die Wand projiziert. Bis kurz vor Schluss bleibt unklar, wer und wo Paul eigentlich ist. Dann stellt sich heraus: Er ist der Stiefvater und wird seit langer Zeit von der Hauptfigur im Keller gefangen gehalten.
Das Ein-Frau-Stück lebt allein von der Darstellerin, die eine gequälte Seele in der heutigen Zeit lebendig werden lässt. Sie lacht, schreit, tanzt, singt und kehrt ihr Inneres nach außen. Philippine Pachl verkörpert diese junge Erwachsene mit ihren Abgründen glaubwürdig. Sie spielt mit den wenigen Requisiten wie Laptop und Mikrofon.
Bühne und Videoprojektionen erinnern wohl nicht zufällig an die Produktion „Das kunstseidene Mädchen“, das in dieser Spielzeit ebenfalls im Theater am Engelsgarten zu sehen ist. Auch hier führt Helene Vogel Regie und es geht ebenfalls um die Geschichte einer verstörten jungen Frau.
„Und jetzt: Die Welt“ erscheint wie eine moderne Fortführung vom vergleichsweise bieder anmutenden „kunstseidenen Mädchen“. Die Figur aus Sibylle Bergs Stück benutzt Fäkalsprache und spricht in allen Einzelheiten von Sex und ihren Erfahrungen. Sie lebt ihre Drogenexzesse aus und beschreibt, wie sie andere Menschen misshandelt hat. Manchmal ist das lustig — meistens bleibt einem das Lachen im Hals stecken.
„Und jetzt: Die Welt! Oder: Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen“ ist eine mutige Wahl, die das Repertoire des Ensembles um ein sehr modernes und 2014 auch ausgezeichnetes Stück ergänzt. Das Premierenpublikum war begeistert und klatschte lange.