Letztes Sinfoniekonzert der Jubiläumssaison
Das Sinfonieorchester spielte ein russisch geprägten Programm.
Wuppertal. Als wollten sie noch einmal beweisen, wie gut sie sind: Beim letzten Sinfoniekonzert der Jubiläumssaison trumpfte das Sinfonieorchester am Sonntag unter Toshiyuki Kamioka mit einem russisch geprägten Programm vollmundig auf.
Peter Tschaikowskys dritte G-Dur-Suite von 1884 mit Neigung zum Sinfonischen erreicht die Zuhörer im großen Stadthallen-Saal als ebenso lyrisches wie mitreißendes Klanggemälde — mit singendem Thema im Kopfsatz, feinem, melancholischem Walzer mit deutlicher Bass-Lastigkeit, pulsierend huschendem Scherzo und einer ausgedehnten Variationenkette im Finale. Hierbei wechseln langsame und schnelle, heitere und schwermütige, kammermusikalisch lichte und orchestral gewichtige Sätze. Sie enden in einer Art Finalkomplex mit zauberhaftem Solo der Violine des Konzertmeisters Nikolai Mintchev. Mit lärmendem Tschingderassa klingt der Satz mit wirbelnder Polonaise aus.
Ist Tschaikowskys Suite noch zurückgelehnt und angenehm zu konsumieren, jagt Igor Strawinskys „Le Sacre du printemps“ (Das Frühlingsopfer) Wellen von Faszination, Beklemmung und Magie über die gebannt lauschenden Zuhörer. Selbst wenn man das Programm der Musik, die Geschichte vom jungen Mädchen, das geopfert werden soll, um den Gott des Frühlings günstig zu stimmen, völlig außer Acht lässt, ist diese Musik ein gewaltig aufregendes Hörerlebnis.
Toshiyuki Kamioka fordert eine große Präzision in den barbarisch einfachen Motiven von großer Wucht. Plötzliche Stopps, der abrupte Wechsel von martialischem Getöse zu feinen, melodischen Soli, die steten Kontraste von Tonalitäten und Rhythmen oder sich immer wieder eintönig wiederholende Phrasen setzen eine ungeheure Energie frei, die sich unmittelbar auf den Zuhörer überträgt.
Auch die Musiker des groß besetzten Orchesters sind in hohem Maße gefordert: Immer wieder öffnen sie Fenster der Ruhe, fordern zum vermeintlichen Innehalten auf, um sie sogleich schreiend und disharmonisch, pulsierend und hämmernd wieder zuzuschlagen. So gelingen unter Kamiokas fesselndem Dirigat Kontraste von magischer Kraft.
Dieser Opfertanz mit seinen jähen Störungen, durchzogen von lähmender oder knisternder Spannung ist im Tanz, wie von Strawinsky in dieser Ballettmusik von 1913 (revidiert 1947) vorgesehen, extrem schwer darzustellen. Mit Bravo-Rufen und stehend gespendetem, langem Applaus verabschiedet das Publikum „sein“ Orchester.