Ausstellung Musik wird auch mit Körper, Mimik und Gestik kommuniziert
Fotoarbeiten von Michael Krügerke zeigen Dozentinnen und Dozenten der Musikhochschule, die er bei den Internationalen Meisterkursen aufgenommen hat.
Musik kann so schön sein, virtuos, erhaben, aus dem Alltag lösen. Musik kann anstrengen, etwa wenn sie nicht so klingt, wie gedacht, trotz intensiven Übens. Musik ist auf jeden Fall Gefühl, viel Gefühl. „See what you feel“ ist eine Ausstellung überschrieben, die Fotoarbeiten von Michael Krügerke zeigt. Sie wird im Wintersemester 2022/23 und im Sommersemester 2023 in der Musikhochschule Wuppertal an der Sedanstraße, gezeigt – im Flur des zweiten Obergeschosses der sogenannten „Ausstellungsetage“, zwischen den beiden Konzertsälen. Eine Schau, die auch beim Betrachter Gefühle auslöst. Am Mittwoch wird sie eröffnet.
Seit 1987 lebt der gebürtige Bielefelder und studierte Musikwissenschaftler Michael Krügerke in Wuppertal. Er kam aus beruflichen Gründen und blieb, auch als er längst in Köln als Musikredakteur beim Rundfunk arbeitete. Seit Kurzem ist der 65-Jährige im Ruhestand und hat mehr Zeit für Musik und Fotografie. Mit 14, 15 Jahren hatte er mit dem Trompetenspiel begonnen, vor drei Jahren kam die Bratsche dazu. Zwei Instrumente, die völlig verschieden bedient werden wollen und deren Klang anders mit dem Körper kommuniziert. Noch älter ist die Liebe zur Architektur und zum Fotografieren. Der Vater war Architekt und zeigte dem Sohn Häuser und Städte, ihre besondere Ästhetik. Er erzählte ihre Geschichten, lehrte das Schauen und weckte beim Sohn den Wunsch, das Erkannte, Struktur und Ästhetik, festzuhalten. Mit einer Voigtländer-Kamera ging es los.
Die Bewegungen zerfallen
in einzelne Bilder
Das Motiv Mensch kam später, als Krügerke für ein Konzertprogramm Porträts brauchte. Irgendwann entstand die Idee, Künstler in Aktion zu fotografieren, ihre kreative Energie festzuhalten. Eine befreundete Künstlerin ermöglichte ihm, Menschen beim Malen mit dem Fotoapparat zu dokumentieren. Dabei geht er möglichst diskret vor, verzichtet bewusst auf Inszenierung: „Die Bewegungen zerfallen wie in einem Flow in einzelne Bilder, die einrasten.“ Die ersten Musiker, die er fotografierte, waren die Jazzer Peter Brötzmann und Wolfgang Schmidtke. Die intime Unterrichtssituation an der Musikhochschule, in der „Lehrer und Schüler an die Grenzen des Machbaren gehen, das Ausloten und Scheitern“ zu fotografieren, war so etwas wie ein folgerichtiger nächster Schritt.
Lutz-Werner Hesse, der damals noch Direktor an der Sedanstraße war, brachte die Internationalen Meisterkurse im Wuppertaler Musiksommer ins Spiel, die er bis heute künstlerisch leitet. Im Frühsommer 2021 war es soweit, da „schlich“ sich der Fotograf in den Unterricht, um als Musikexperte, der „weiß, was als als nächstes kommt“, die richtigen Momente zu erwischen und festzuhalten. Mit leiser Kamera, ohne zu stören oder gar zu beeinflussen, ohne zu planen. Aber fokussiert und mit lange geschultem Blick. Nur Ausschnitt und Auswahl tragen seine Handschrift, ansonsten, betont der Fotograf, habe er nichts bearbeitet. Im Fokus die Dozentinnen und Dozenten, ihre Energie, ihre Begeisterung. Auf Wunsch Hesses setzte er die Arbeit in diesem Jahr fort, um aus über 1000 digitalen Aufnahmen in Absprache mit seinen durchweg kooperativen Protagonisten nun eine Ausstellung mit rund 20 postergroßen Arbeiten herauszufiltern. Gerahmte Quer- und Hochformate, deren Präsentation an Situation und Vorschriften der Örtlichkeit angepasst sind und dennoch einer Choreografie folgen, ins Gespräch miteinander vertieft. Sämtlich in Farbe, weil wegen der „räumlichen und vor allem der Lichtsituation“ Kontraste nicht erfasst werden konnten.
Zwei Collagen eröffnen den Gang durch die Schau: Die Lehrkräfte stets mit erhobenem Zeigefinger, ein gestisch umgesetztes „Schaut, was fühlt ihr“, das Kürgerke mit einem Augenzwinkern verbindet. Und das schon den Charme der folgenden Fotoarbeiten ausstrahlt. Die klarmachen, dass Musik auch mit dem ganzen Körper, Mimik und Gestik kommuniziert wird: Florence Millet neben dem Flügel wie eine Torera, Michael Schmidt, die Klarinette längs vors Auge haltend, die Violoncellospielerin Susanne Müller-Hornbach, die einmal erschöpft und mit skeptischem Blick den Kopf ans Instrument lehnt, während an anderer Stelle Gesichtsausdruck und Hände für pure Musikschwelgerei stehen. Mehrmals auch Dirk Peppel mit seiner Flöte, der menschgewordene Aufmerksamkeit, ins Instrument des Schülers hineinzukriechen scheint. Und was kommt nach der Ausstellung? Das weiß Michael Krügerke noch nicht. Er kann sich weitere Präsentationen vorstellen oder auch die Aufnahmen den Dozenten anzubieten. Eine Werbung für sie, die Hochschule und die Musik sind die Bilder allemal.