Neue Ausstellung: Piraten entern das Von der Heydt-Museum

Henrik Schrat zückt „Messer, Gabel, Enterhaken“. Am Sonntag ist Vernissage.

Wuppertal. Sind Banker Piraten? Ist im Sturm der Wirtschaftskrise Rettung in Sicht? Und warum trägt ein Schiffbrüchiger einen Nadelstreifenanzug?

Zumindest die letzte Frage lässt sich leicht beantworten: weil Henrik Schrat ihm ein ungewöhnliches Outfit verpasst hat. Staunend sieht die Figur auf dem kleinen Floß einem großen Schiff nach, das in buchstäblich links liegen lässt und einfach vorbeifährt.

Ob ein Einzelschicksal auf dem Meer der globalen Eitelkeiten überhaupt noch zählt, kann ab Sonntag jeder für sich selbst entscheiden. Schrat tut jedenfalls alles dafür, dass er mit seiner Ausstellung im Von der Heydt-Museum keinen Schiffbruch erleidet. Der 41-Jährige setzt auf "Messer, Gabel, Enterhaken".

Der Titel ist spitzfindig gewählt, denn wenn Schrat bei der Vernissage am Sonntag, 7. Juni, um 11.30 Uhr den Vorhang lüftet, der derzeit noch vor dem Museumsforum hängt, wird die ganze Ambivalenz seiner elementaren Ansichten zum Vorschein kommen.

Seit Dienstag bekennt der Künstler im Forum Farbe: Die weißen Papierbahnen, die er vor die helle Wand hängen ließ und nun dunkel bemalt, dürften dafür sorgen, dass die Gäste am Turmhof schwarz sehen - sprichwörtlich und bildhaft, aber zum Glück nur punktuell.

Denn die Installation hat mehrere Ebenen. Da ist zunächst die Wandmalerei: Schwarz ist das Piratenschiff, dem Schrat den Weg in die abgeschirmte Museumswelt bahnt. Die Freibeuter kommen von rechts. Das Floß, das auf der anderen Seite ums Überleben kämpft, ist genauso duster, aber deutlich kleiner.

Der Untergang droht trotzdem nicht, denn die Wandmalerei wird geschickt unterbrochen: Zwischen Floß und Schiff platziert Schrat Werke anderer Künstler: In seine Installation integriert er Bilder und Collagen, die farbige Akzente setzen.

Das Öl-Gemälde, auf dem Michael van Ofen faszinierend blaue Wellen tosen lässt, oder Mike Kelleys Filztuch wirken wie Felsen in der Brandung und nehmen der eigentlich bedrohlichen Szene die Düsterkeit.

"Mich interessiert die Spannung zwischen den einzelnen Einheiten", sagt Schrat, der mit viel Witz hinter die Kulissen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft blickt. Egal, ob kleines Floß oder großes Schiff: "Man weiß nicht genau, was drin steckt - Bösewichter oder moderne Robin Hoods?"

Wasser ist Schrats Inspirationsquelle und das Thema seiner Ausstellung so tiefschichtig wie ein Ozean. Es geht um die Verteilung globaler Ressourcen, um Wohlstand, Migration und Aktienhandel.

Dabei können die Seeräuber, die bis zum 23. August in Wuppertal bleiben, für viele(s) stehen - konkret für Piraten in Somalia, aber auch allgemein für Politiker und Finanzexperten, bei denen man nicht genau weiß, ob sie die Retter der Nation oder Ausbeuter im Anzug sind.

So viel sollte aber sicher sein: Mit seiner Mischung aus Comic, Science-Fiction und Scherenschnitt dürfte der Wahl-Berliner in Elberfeld nicht untergehen.