Neue Bühne: Das Taltontheater zieht in die Gummiband-Fabrik
Das Ensemble baut im ehemaligen Gold-Zack-Werk ein Theater. Im Januar wird es eröffnet.
Nordstadt. Das Taltontheater hat ein neues Zuhause: Die Schauspiel-Truppe zieht an die Wiesenstraße 118. Das „Nomaden-Dasein“, wie Regisseur Jens Kalkhorst selbst sagt, soll damit ein Ende haben: Nachdem die Künstler durch den Rückzug von Martina Steimer aus dem Rex-Theater quasi über Nacht heimatlos geworden waren, machten sie aus der Not eine Tugend. Während sie zuletzt auf verschiedenen Ausweich-Bühnen gastierten, suchten sie fieberhaft nach neuen Räumlichkeiten (die WZ berichtete).
Nun haben die Theatermacher gefunden, was sie selbst zu ihren besten Rex-Zeiten nicht hatten: eine eigene feste Bühne. Im Rex war die rührige Truppe einst zwar so gut wie zu Hause — aber eben doch nur zu Gast.
Nun brechen also buchstäblich neue Zeiten an. Dabei macht Kalkhorst keinen Hehl daraus, dass das „Gefühl der Heimatlosigkeit“ seine Spuren hinterlassen hat und die vergangenen Monate kein Zuckerschlecken waren. „Man schläft immer am besten im eigenen Bett“, bilanziert der Regisseur, der — so gesehen — gerade dabei ist, ein Schlafzimmer im großen Stil einzurichten. Rund 400 Quadratmeter gehören zum neuen Domizil, das eine traditionsreiche Vergangenheit hat — allerdings nicht als Theater, sondern als Fabrik.
Damit der ehemalige Firmensitz der Gold-Zack-Werke seine neue Rolle auch tatsächlich ausfüllen kann, sind viele Vorbereitungen notwendig. Wie Schauspieler David Meister erklärt, ist das Gebäude derzeit „besenrein“. Aber eben noch lange nicht theaterfein. Das zwölfköpfige Ensemble hat deshalb noch alle Hände voll zu tun: Von September bis Januar soll das denkmalgeschützte Gebäude für 66 000 Euro umgebaut werden, im Januar wollen die Künstler darin ihr eigenes Theater eröffnen.
„Vor allem bei den Toilettenanlagen ist viel zu tun“, sagt Meister. Abgesehen davon seien „kleinere Renovierungen“ nötig, um aus der ehemaligen Fabrik ein Theater zu machen. Wie stellen sich die neuen Mieter all das am Ende vor? „Es wird auf jeden Fall einen ganz klassischen roten Vorhang geben“ — da ist sich Kalkhorst ganz sicher.
Meister malt sich die Zukunft so aus: „Auf die Zuschauer warten helle Räume, Spiegel, eine schöne Beleuchtung, Garderobe, eine Bar und ein kleiner Launch-Bereich.“ Herzstück des Ganzen soll aber die Sieben-Meter-Bühne sein: Bis zu 80 Zuschauer sollen vor ihr Platz finden, wie Kalkhorst ankündigt. „Von der Größe her wird die Bühne mit unserem Rex-Areal vergleichbar sein.“
Der Mietvertrag mit der Wuppertaler Delphin Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG läuft zunächst über fünf Jahre. Auf die einstige Gummiband-Fabrik wurde das Taltonteater beim Jahrestreffen Freie Kultur aufmerksam, zu dem die Stadt eingeladen hatte. „Dort wurde die Vision vorgestellt, dass an der Wiesenstraße ein neues Kunst- und Kulturzentrum entstehen könnte“, erklärt Kalkhorst, der nun tatsächlich zum Pionier wird: Das Taltontheater, das sich fürs Erdgeschoss entschieden hat, möchte damit auch ein Zeichen setzen, wie Meister betont. „Wir sind Vorreiter und legen den ersten Stein“, sagt der Schauspieler, der hofft, dass andere Kreative nachziehen und sich an der Theater-Truppe ein Beispiel nehmen: „Wir fangen an, bestenfalls folgen viele weitere Künstler.“
Sowohl das Gebäude („Theater-Flair im Fabrik-Ambiente“) als auch der Standort hatten es Kalkhorst und seinen Kollegen schnell angetan: „Unser Theater liegt an der Nordbahntrasse. Das macht es umso attraktiver. Es könnte eine gelungene Symbiose von Freizeit und Kultur werden.“ Der Regisseur hat auch schon konkrete Vorstellungen: „Ich könnte mir ein spezielles Wochenend-Programm für Wanderer vorstellen.“
Apropos: Sein neues Zuhause möchte das Ensemble entsprechend nutzen. „Ich werde inszenieren wie ein Wahnsinniger“, verspricht Kalkhorst. „Wir werden jedes Wochenende spielen und haben dann auch eine größere Stückauswahl.“ Auch Schauspieler Maurice Kaeber freut sich auf den Neuanfang: „Jetzt können endlich alle das Gefühl haben, nach Hause zu kommen. Das ist ganz wichtig.“ Für den kreativen Prozess genauso wie für das individuelle Wohlbefinden.
Ob sich auch das Publikum in der ehemaligen Fabrik wohlfühlt, wird sich im Januar 2012 zeigen. Mit dabei ist auf jeden Fall „Der dressierte Mann“: Eröffnet wird das neue Theater mit einer Komödie nach dem Bestseller von Esther Vilar. Nicht nur im Namen von John von Düffel soll dann an der Wiesenstraße gelacht werden. Shakespeare-Fan Jens Kalkhorst freut sich vor allem auch auf Heinz Laiers „Shake MacBeth“ — auf eine „lustige Improvisationskomödie für drei Schauspieler, einen Wald und ein heiteres Publikum“.