Passionsmusik: Jesus als „alltäglicher Mensch“

Brockes-Passion: Der Konzertchor der Volksbühne stellt das Händel-Oratorium in der Stadthalle vor.

Wuppertal. Georg Friedrich Händels "Brockes-Passion" spielt neben seinem Messias und den Bach-Passionen im heutigen Konzertleben eine untergeordnete Rolle. Bei ihrer Uraufführung 1719 jedoch erregte sie durch ihre Modernität großes Aufsehen: Ganz im Stile einer Oper werden die Figuren zu handelnden Personen, die ihre Gefühle wie Angst oder Verzweiflung deutlich zum Ausdruck bringen. Der Chor hat eher eine kleine Partie, mit schlichten Chorälen und kurzen Chorsätzen.

Die Vorlage des Hamburger Kaufmanns und Senators Barthold Heinrich Brockes war zu seiner Zeit sehr beliebt. Der Kunstliebhaber, Philosoph und Politiker hat in seinem Text "Der für die Sünden der Welt gemarterte und sterbende Jesus" nicht nur die Leidensgeschichte Jesu in einer bildhaft-drastischen Sprache nacherzählt, sondern auch modische Gedichte eingefügt und zusätzliche handelnde Personen wie die "Tochter Zion" oder die "Gläubige Seele" geschaffen. Selbst noch Anfang des 20. Jahrhunderts fand deshalb der Wiener Musikwissenschaftler Guido Adler, dass Jesu in dieser Passion "zu oft in die Sphäre der Alltäglichkeit herabgerückt" sei.

Ob wegen der Qualität des Textes oder der einflussreichen Stellung seines Verfassers - gleich vier Komponisten vertonten sie gleichzeitig. In den späteren Jahren wurden deshalb einzelne Teile aus den Brockes-Passionen von Johann Mattheson, Reinhard Keiser und Georg Philipp Telemann munter gemischt. Vermutlich machten sich die Komponisten dabei auch Hoffnung auf das freiwerdende Amt des Johanneum-Kantors, das schließlich Telemann erhielt.

Am Karfreitag führen der Konzertchor der Volksbühne (Einstudierung: Thorsten Pech) und das Wuppertaler Sinfonieorchester Händels Brockes-Passion in der Historischen Stadthalle auf. Dirigent ist der Engländer Howard Arman, bekannt als Leiter des MDR-Rundfunkchores sowie als Operndirigent, etwa bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele 1995.

Solisten der Aufführung sind Elena Fink (Sopran), Joslyn Rechter (Alt), Cornel Frey und Stephan Boving (Tenor), Reinhold Schreyer-Morlock (Bariton) sowie Raimund Fischer (Bass).