Kultur Pina Bauch Zentrum in Wuppertal: Erster Workshop für Szenografen zum Thema Nachhaltigkeit im Schauspielhaus zieht Bilanz

Wuppertal · Wie Nachhaltigkeit am Theater die menschliche Arbeitskraft aufwerten kann.

Nachhaltigkeit wurde an den selbst gebauten Tischen und im Gespräch groß geschrieben.

Foto: Andreas Fischer

Am Ende haben sie eine fiktive Rechnung aufgemacht, die zum Nachdenken über den Wert menschlicher Arbeit anstößt. Ohne Ausgaben für Material, weil sie für ihre Tischinstallation nur Werkstoffe verwendet haben, die dem Müll geweiht waren. Also fielen „nur“ ihre Recherche und ihre Arbeitsleistung ins Gewicht – das eine unschätzbar, das andere auf Basis des Mindestlohns mit 11 340 Euro kalkuliert.

Am Samstag sitzen die 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des einwöchigen Workshops für nachhaltige Szenografie an ihrer festlich gedeckten und nachhaltigen Tafel aus aneinandergereihten Tischen im Foyer des Schauspielhauses. Diskutieren, feiern und essen mit etwa 30 Gästen aus Wuppertal. Schließlich soll an Ort und Stelle ein Kulturort der Zukunft entstehen, was Öffnung und Nachhaltigkeit einschließt.

Die Szenografen stehen an der Schnittstelle zwischen Regie und Gewerken, denken für die Bühnen über den Raum und die Ressourcen, auch die menschlichen, nach. Ihre Vertretung in Berlin hat mit „Die grüne Bühne“ einen Leitfaden zum Thema aufgelegt. Teresa Monfared von der Geschäftsstelle des Szenografenbundes und Bettina Milz, die die Vorlaufphase des internationalen Tanzzentrums leitet, haben den Workshop in Wuppertal initiiert, der der erste von insgesamt vieren sein soll, der Bühnenbild und Kostümen am Theater auf den Zahn fühlt. Theoretisch, praktisch und vor allem konstruktiv. Auf „Something old“ folgt im November „Something new“, später „Something borrowed“ und „Something blue“. Kooperationspartner ist das Wuppertal Institut, das Carolin Baedeker, stellvertretende Leiterin der Abteilung für nachhaltige Produktion und Kommunikation, vertritt.

Eine Woche hat man sich ausgetauscht, Vorträge gehört, aus dem Bühnenbild der Wuppertaler Operninszenierung von „La Bohème“ und Stoffresten eines Wuppertaler Textilunternehmens eine viele Meter lange Tischinstallation gebaut. Dabei wurden kistenweise Schrauben gerettet und Gedanken entwickelt, wie nachhaltiger gearbeitet werden kann. Von der digitalen Bauprobe bis zum umweltschonenden Färben der Kostüme. Vom Theaterfundus, der durch hochwertige Materialien noch länger genutzt werden kann, weil die langsamer verschleißen, bis zum Modulsystem, das für mehrere Bühnenbilder eingesetzt werden kann (die neue Opernintendantin Rebekah Rota plant in der neuen Spielzeit eine solche Produktion). Von der Hinterfragung so mancher Reise bis hin zu den Facetten der Materialgewinnung und einer Werthaftigkeit, die weg vom Material und hin zum Service strebt. Man habe Herz, Hirn und Hand vollen Einsatz abverlangt, so Teresa Monfared, nun sei man glücklich und erschöpft.

Und neugierig auf die Ideen der Gäste, die vielfach zur Kulturszene der Stadt gehören, eigene Erfahrungen und Kenntnisse beisteuern. Also wird vor dem nachhaltigen Essen gearbeitet. Das hat Markus Spindler vor allem aus Biokartoffeln zubereitet, die er vor der Entsorgung gerettet hat – was Bettina Milz aufgreift, indem sie daran erinnert, dass auch im Pina Bausch Zentrum die Küche zentraler Ort des Zusammenkommens, Arbeitens und Essens sein soll. Bei den „Table Talks“ denken also sechs Gruppen über Abfall, Materialproduktion, Up- und Recycling, Nachhaltigkeit und globale Verantwortung, Verschwendung und künstlerische Freiheit sowie Aktivismus nach. Sie sammeln Ideen, schreiben sie auf, besprechen sie – beim Essen am Abend und bei den weiteren Workshops.

Herz, Hirn und Hand
vollen Einsatz abverlangt

Diese werden vom „Fonds Zero“ der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Und sind eines von wiederum vier Modulen, die die Nachhaltigkeit des Pina Bausch Zentrum-Projekts voranbringen sollen. Weitere sind „Fragile“, das vom 20. September bis 1. Oktober Festivals unter die Lupe nimmt, „Die Zukunftsküche“ in den ehemaligen Gastronomieräumen des Wuppertal Instituts Am Döppersberg und ein aufzubauendes „green culture lab“.