Premiere in der Börse: Toronto liegt in Wuppertal

Rabea Kiel will Jugendliche genauso berühren wie Erwachsene: Ihre neue Produktion spielt ab Freitag in der Börse.

Wuppertal. Der Weg ist das Ziel - behaupten die einen. Namen sind Schall und Rauch - sagen andere. Das eine stimmt, das andere nicht.

Denn Rabea Kiel ist auf dem richtigen Weg: Zum zweiten Mal ist Wuppertal das Ziel der jungen Regisseurin. "Der Katzelmacher" war ihr erster Erfolg an den Bühnen, nun geht die Reise weiter - nach "Toronto".

Für Jan Liedtkes Jugendstück, hebt sich am Freitag, 16. März, der Premierenvorhang in der Börse. Im Rahmen der Reihe "Ich und die anderen: Auf der Suche nach dem Glück" soll die Koproduktion mit den Wuppertaler Bühnen vor allem junges Publikum ansprechen - allerdings nicht nur.

"Es ist ein Stück für Jugendliche und für Erwachsene", schwärmt die Regisseurin, indem sie auf Liedtkes "poetischen Text" verweist, der Pubertätsprobleme und Eltern-Kind-Konflikte schildert. "Teenager können sich in den Gefühlen wiederfinden, Erwachsene erinnern." Im Idealfall können sie die (realen) Stimmungswechsel ihrer Söhne und Töchter nach dem Börsen-Besuch "besser nachvollziehen".

Theater als Weg zu mehr Verständnis - auch das ist also ein Ziel. Dabei ist die 28-Jährige der lebende Beweis dafür, dass Namen eben nicht nur Schall und Rauch sind. Sie heißt nämlich nicht nur so, sie kommt auch aus Kiel. Und auch in ihrer neuen Produktion spielt ein Ort eine bezeichnende Rolle: Toronto ist das Sehnsuchtsziel von Tom (Marco Leibnitz), der sich zwischen Abitur und Erwachsenwerden, Schulabschlussfeier und Weltreise, Freiheit und Verträumtheit in Katja (Mi-Sah Rehnolt) verliebt.

Die Schmetterlinge im Bauch fliegen allerdings nicht arglos, denn ein Abhängigkeitsverhältnis entwickelt der 15-Jährige nicht allein gegenüber Katja. Auch die Beziehung zu seinem Vater (Christoph Wehr) ist emotionsgeladen. Während der Sohn in der Pubertät steckt, plagt den Vater nach dem Tod von Toms Mutter eine Lebenskrise.

Nicht nur Katja und Tom nähern sich an. Auch Tom und sein Vater versuchen, (wieder) zueinander zu finden. Damit hat sich Kiel ein wahrhaft ausgezeichnetes Stück ausgesucht: Für "Toronto" erhielt der Autor, Jahrgang 1977, den Baden-Württembergischen Theaterpreis 2004.

"Andere Jugendstücke beschreiben meist Äußerlichkeiten", sagt Kiel, "hier geht es um innere Prozesse, die Liedtke sehr schön beschreibt." Und die werden nicht chronologisch, sondern fragmentarisch erzählt. "Die Geschichte hat einen starken Filmcharakter und springt nachvollziehbar hin und her" - eben so, wie auch die Gefühle schwanken.

Eines bleibt aber bestehen: Tom versucht, das Publikum auf seine Seite zu ziehen. "Er buhlt um Aufmerksamkeit." Das hat Mi-Sah Rehnolt übrigens nicht nötig: Die Schauspielerin dürfte den Zuschauern der Wuppertaler Bühnen bereits bekannt sein. Auch im Musical "Non(n)sens" macht sie Theater - als himmlisch-heitere Nonne.