Premiere: Tierisches Theater um ein aufgeregtes Huhn
Die „Steinsuppe“ mundete den Premierengästen: Im Kleinen Schauspielhaus wird sie mit viel Liebe zum Detail aufgeführt.
Wuppertal. Im Dorf der Tiere lebt jeder so vor sich hin: die ewig nörgelnde Meckerziege (Björn Lukas), das Abfälle sammelnde Schwein (Frederik Kienle), die flatterige Frau Gans (Astrid Breidbach), das eitle Pferd (Julia Wolff) und das unentwegt seine eigene Wolle verstrickende Schaf (Birte Rüster). Der Hund (Sören Messing) ist wachsam und die Henne (Anne-Catherine Studer), ein aufgeregtesHuhn, sauer, dass keiner hilft, einen Schneemann zu bauen.
Die Wuppertaler Bühnen haben mit der "Steinsuppe" einen Renner gestartet: Christian von Treskow (Regie) stattet nach dem Märchenbuch von Anaïs Vaugelade (Textfassung: Sven Kleine) das Stück mit typischen Tierfiguren aus. Dorien Thomsen schafft eine schlichte Dorfkulisse mit niedrigen Türchen und kleinen Fenstern. Auch für die fantasievollen und die Tiere sehr treffend charakterisierenden Kostüme und Masken zeichnet sie verantwortlich. Und die Schauspieler-Riege zeigt große Spiellust und Liebe zum Detail in Wort und (Tier-)Bewegung.
Immer wieder sind im Text Wortspiele versteckt: Dem Schaf ist immer gleich so "mäh"-lancholisch. "Ganz(s) blöd bin ich nicht", versichert die Gans. Dem Schwein ist alles egal: "Ist doch sowieso Wurst, was aus uns wird." Erst als der alte Wolf (Andreas Ramstein) mit federnd-schleichendem Schritt ins Dorf kommt, erwachen alle aus ihrem Trott. Ausgerechnet beim kopfnickenden Huhn kehrt er ein, und sein schwerer Sack auf dem Rücken verspricht nichts Gutes.
Welches Tier will er verspeisen? Aber er bittet Frau Henne nur um einen großen Topf: Steinsuppe will er kochen. Tatsächlich packt er einen großen Stein aus, und bevor sich Frau Henne als Hühnersuppe sieht, schlägt sie weitere Zutaten vor. Das kann dem Wolf, der mit nur einem Zahn nicht mehr jagen kann, nur recht sein.
Nach und nach trauen sich alle zum gemeinsamen Kochen und Essen. Voller Spannung verfolgen Kinder und Erwachsene gleichermaßen, wie aus dem bösen Wolf ein sozialer Friedensstifter wird, der aber am Ende klammheimlich und wortlos verschwindet. Das scheue Schaf entdeckt gar in sich einen winzigen "Wolf im Schafspelz", heult mit ihm in die Nacht und philosophiert: "Wenn du weißt, wer du bist, kannst du sein, wer du willst." Sogar die Meckerziege wird integriert. Das gemeinsame Essen schließt mit einem herrlich kurzweilig choreografierten Song (Musik: Sebastian Weber), der verspricht: "Zwölf Beine hat ein Pferd." Und was tut man bis zum nächsten gemeinsamen Kochabend? Richtig: Man baut mit Frau Henne endlich einen Schneemann.