Reihe: Der Mikrokosmos von Familie und Herkunft
„Gespräche über Literatur und Familie“ starteten mit Hermann Schulz und Liane Dirks.
<strong>Wuppertal. Unsere Gegenwart hat öfter Single- als Sippengeschichten auf Lager. Das bedeutet im Gegenschluss mitnichten, das Genre Familienroman wäre deshalb aus der Mode. Wie verschieden dieses klassische Genre aussehen kann, zeigten die Schriftsteller Liane Dirks und Hermann Schulz im Gespräch mit Literaturkritiker Oliver Ruf. In deren Romanen geht es um verschwundene und gefundene Väter. Zum Auftakt der neuen Reihe "Wuppertaler Gespräche über Literatur und Familie", durchaus als Nachfolgeveranstaltung der Lese- und Gesprächsveranstaltung "Literatur und Migration" zu begreifen, traf man sich im Café Ada. Zunächst wurden die beiden Titel "Vier Arten meinen Vater zu beerdigen" (Dirks) und "Zurück nach Kilimatinde" (Schulz) in Synkopen vorgestellt und dabei ihre Unterschiedlichkeiten verdeutlicht. In Liane Dirks Roman herrscht überwiegend die Mutter, eine "sehr untypische Person für die Zeit", wie die Schriftstellerin erklärte. Der Vater ist süchtig, er ist getrieben vom Geschäfte machen, Alkohol und Sex, "ein Trinker und Spieler".
Auch das Werk von Schulz hat stark autobiographische Züge. "Ich bin ohne Vater groß geworden und war darüber die ersten 40 Jahre meines Lebens sehr glücklich", berichtete der bald 70-Jährige. Vermittels der verhüllten Selbstdarstellung (die männliche Hauptperson hört im Buch auf den Namen Nick) setzt der Wuppertaler sich in all seinen Romanen mit dem logischen, linearen Ablauf seiner Generationendramaturgie auseinander.
Das Fazit des Abends war, dass beide Romane einen Beitrag bieten, die Welt und sich selbst besser zu verstehen und womöglich zu erforschen, wie es um die eigene Familie und die eigene Herkunft bestellt ist. Das Erzählen entlang einer Generationenfolge, die Auslegung des familiären Mikrokosmos’ als Fallbeispiel historischer Zeitgeschichte haben nichts von ihrer Faszination eingebüßt.