Sinfonieorchester Wuppertal „Romantische Bögen“: Viel Motivation, aber keine Einheit

Den vier Streichern der Sinfoniker fehlte es an musikalischer und klangtechnischer Homogenität.

Werke von Borodin, Mendelssohn und Dvorák wurden von den vier Streichern des Sinfonieorchesters Wuppertal gespielt.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Streichquartette beziehungsweise Werke, in denen ein Streichquartett vorkommt, sind nicht einfach aus dem Ärmel zu schütteln. Um sie sauber und gehaltvoll aufzuführen, bedarf es eines Höchstmaßes an klanglicher, musikalischer und spieltechnischer Homogenität. Nicht von ungefähr wird diese Gattung Königsdisziplin genannt. Vier Streicher des Sinfonieorchesters Wuppertal stellten sich beim dritten städtischen Kammerkonzert im sehr gut besuchten Mendelssohn Saal der Stadthalle dieser Herausforderung – und konnten diese hohen Anforderungen nicht vollends erfüllen.

Wer vor 15 Tagen im Rahmen der Reihe „Saitenspiel“ am selben Ort das Rolston String Quartett mit Felix Mendelssohn Bartholdys Streichquartett in a-Moll (op. 13) erlebt hat, war wunschlos glücklich. Bei dieser Aufführung stimmte einfach alles (WZ berichtete). Dasselbe Opus führten nun Primaria Iva Miletic, Axel Heß (2. Geige), Nina Popotnig (Bratsche) und Vera Milićević auf. Im Vergleich zu den kanadischen Musikern war ein großer Klassenunterschied zu erleben.

Es spielten vier Musiker mit einer unterschiedlichen Tongebung. Über allem stand die der ersten Geigerin. Miletic spielte ihr Instrument wie eine große Solistin während eines Violinkonzerts mit großem Orchester. Fraglos war ihr Spiel brillant: musikalisch, virtuos, sauber. Dagegen waren die Töne, die aus der Geige von Heß kamen, dünn. An vielen Stellen war sie kaum hörbar. Popotnigs Bratsche klang wohltönend-rund, warm. Milićević präsentierte sich zwar als eine gute Cellistin. Doch ihre Solopassagen nahm sie ein wenig zu verhalten, vorsichtig. Einen sonoren Ton, wie es sich für ein Solocello ziemen sollte, entlockte sie ihrem Instrument nicht.

Intensives Feilen an einem geschlossenen Klangkörper

Ein einheitlicher Quartettsound war bei Mendelssohn wie auch bei dem 2. Streichquartett in D-Dur von Alexander Borodin und Antonín Dvořáks Klavierquintett in A-Dur (op. 81) nicht hörbar. Um ihn zu realisieren, bedarf es an einem intensiven und kontinuierlichen Feilen daran, damit ein in sich geschlossener Klangkörper entsteht. Klanglich anpassen sollten sich alle Instrumente und sie, nur wo vorgeschrieben, in den Vordergrund treten lassen. Mit ein paar Proben vor einem Konzert ist es also nicht getan, wenn Profimusiker Kammermusik rund und schlüssig präsentieren wollen.

Dazu gehören auch synchrone Einsätze und Einschwingvorgänge der Instrumente. Unter Einschwingvorgang versteht man in der Musik die Zeit, bis ein Ton sich voll entfaltet hat. Beim Anschlagen einer Klaviertaste etwa ist er sofort da. Bei Streichinstrumenten dauert es länger, bis er sich mittels Bogenstrich entwickelt hat. An diesem Abend - war es im Piano oder Forte – benötigte jeder Streicher eine andere Entwicklungsdauer. So klangen manche Übergänge und Einsätze unsauber. Ab und an nahmen sie sogar echohafte Züge an. Auch an der Intonation, gerade in den höheren Tongefilden, hätte noch ein wenig gearbeitet werden können.

Der Wille war da, das Konzert mit dem Titel „Romantische Bögen“ zu einem Höhepunkt werden zu lassen. Hochmotiviert und engagiert legten sich das Quartett und der ausgezeichnete Pianist Benyamin Nuss als Gast bei Dvořák mächtig ins Zeug. Fast fehlerfrei demonstrierten sie professionelle Spieltechniken anhand der gehaltvollen romantischen Werke. Ruhige, langsame Passagen kamen gediegen von der Bühne. Ging es aber rasend schnell zur Sache, konzentrierte sich jeder Musiker auf korrekt klingende Töne. Große musikalische Linien beziehungsweise Bögen gerieten folglich ins Hintertreffen.

Die Kammermusikfreunde dankten den fünf Instrumentalisten für ihr großes Bemühen um eine hochwertige Aufführung der drei Werke mit lang anhaltendem Schlussapplaus.