Erinnerung Sabine Fehlemann war ein Wirbelwind im Museum

Eine Erinnerung an Sabine Fehlemann, die frühere Leiterin des Von der Heydt-Museums, die heute 75 Jahre alt geworden wäre.

Foto: Kurt Keil

Wuppertal. Sie galt als Powerfrau der deutschen Museumslandschaft — und das lag nicht nur an der Tatsache, dass Frauen als Museumsdirektorinnen noch die absolute Ausnahme waren, als Sabine Fehlemann 1984 die Leitung des Von der Heydt-Museums übernahm. Denn die Kunsthistorikerin, die heute 75 Jahre alt geworden wäre, war auch jenseits des Chefpostens energisch und engagiert, lebenslustig, spontan und fantasievoll.

Das machte sie liebenswert und zu einer anregenden Gesprächspartnerin. Doch weil sie selten mit ihrer Meinung hinter dem Berg hielt und diese auch pointiert zu formulieren wusste, hatte sie unter eher formal ausgerichteten Vertretern von Verwaltung und Politik nicht gerade ihre größten Fans.

Dafür kam ihr Tatendrang dem Museum ungebremst zugute. 232 Wechselausstellungen hat sie in ihren 21 Wuppertaler Jahren organisiert — dabei stand die Chefin erst mal ohne Haus da. Denn das Von der Heydt-Museum wurde von 1986 an drei Jahre um- und ausgebaut.

Sabine Fehlemann nutzte diese Zeit für einen eindrucksvollen Werbefeldzug für ihre neue Wirkungsstätte. 100 Meisterwerke schickte sie auf einen Streifzug um die Welt. 100 Meisterwerke kündeten in Ascona, Madrid, Barcelona, Tel Aviv, Bratislava, Ankara, Istanbul, Kopenhagen, Tokio und Oklahoma von der hochrangigen Sammlung in Wuppertal — und die kannten am Ende 1,3 Millionen Besucher.

Auch zuhause in Wuppertal wusste sie zu glänzen, zog knapp 150 000 Besucher im Jahr an, wollte „die Kunst zum Erlebnis werden lassen“. Sabine Fehlemann zeigte unter anderem Retrospektiven von Egon Schiele, Carl Spitzweg, Max Pechstein, Max Liebermann, Wassily Kandinsky, Otto Mueller. Zum 100-jährigen Bestehen des Museums krempelte sie 2002 die ständige Sammlung um, provozierte einen neuen Blick. Denn sie präsentierte die Gemälde dicht an dicht in Petersburger Hängung und nicht nach Epochen oder Stilen, sondern nach Themen geordnet wie „Arbeitswelten“ und „Wir bitten zu Tisch“.

Kompromisslos stritt sie für ihre Sammlung, widersetzte sich vehement, als die Stadt 2003 drei Werke aus früherem jüdischen Besitz den Nachfahren überlassen wollte. Fehlemann bestritt, dass tatsächlich Rechtsansprüche auf die Rückgabe bestünden. Zwei Jahre später wurden die Bilder trotzdem zurückgegeben.

1998 landete ein fehlgeleitetes Fax aus dem Louvre auf ihrem Schreibtisch, in dem es um eine Zeichnung des Impressionisten Auguste Renoir und acht weitere Werke u. a. von Delacroix und Ingres ging, die einst in Wuppertaler Besitz gewesen war. Die Museumsdirektorin fuhr undercover nach Paris, sah sich die Blätter anonym an. Danach forderte sie die Werke öffentlich zurück.

Das berühmteste Gemälde konnte aber auch Fehlemann nicht zurückholen: „Akrobat und junger Harlekin“ war 1911 das erste Werk von Pablo Picasso gewesen, das in einem Museum gezeigt wurde — in Wuppertal. 1937 wurde es von den Nazis als entartet versteigert. Als es 1988 bei Christie’s’ in die Auktion ging, sammelte die rührige Museumschefin 15 Millionen Mark bei Sponsoren ein. Doch bei dieser Summe begann die Versteigerung erst, verkauft wurde das Bild für 66 Millionen Mark an eine japanische Firma — der höchste Preis dieser Saison.

Als sie mit 65 Jahren in den Ruhestand ging — gehen musste, denn sie wäre gern länger geblieben — sprach sie von zahlreichen Anfragen für ihre Mitarbeit. Nur wenig konnte sie davon umsetzen, denn einen Monat vor ihrem 67. Geburtstag ist Sabine Fehlemann an Krebs gestorben.