Projekt „IchundIch“ Geschenk von jungen Leuten an eine große Dichterin

Schauspiel Wuppertal stemmt Großprojekt zum 150. Geburtstag von Else Lasker-Schüler. „IchundIch“ wird neu inszeniert.

Freuen sich auf die Zusammenarbeit: (v.l.): Markus Riedel, Thomas Braus, Kenji Takagi, Dedi Baron und Barbara Noth.

Foto: Fischer, Andreas (f22)

Lange konnte er nur von einer Aufführungsplanung sprechen, nun nennt er ein Premierendatum: Am 6. Juli beginnt das achttägige Theaterfestival „IchundIch“, das den 150. Geburtstag der berühmten Wuppertaler Dichterin Else Lasker-Schüler (ELS; 1869 bis 1945) im kommenden Jahr würdigen soll. „Mir war von Anfang an klar, dass es etwas Großes, etwas Außergewöhnliches werden muss und ‚IchundIch’ ist das spannnendste Theaterstück von Lasker-Schüler“, erklärt Schauspielintendant Thomas Braus. Am Mittwoch stellte er gemeinsam mit Mitwirkenden die spartenübergreifende, installative Inszenierung des Schauspiels Wuppertal vor. Denn die Finanzierung steht.

Für den scheidenden Geschäftsführer der Bühnen, Enno Schaarwächter war klar, dass so ein Vorhaben Kosten im sechsstelligen Bereich verursachen würde, die nicht durch Verzicht bei anderen Schauspielstücken aufgebracht werden sollten. Also hieß es Sponsoren finden. „Es ist uns gelungen, vom Land eine Förderungszusage zu erhalten“, verkündete er nun. Außerdem finanzieren mit: Theaterfreunde, Stadtsparkasse, Sparkassenstiftung, Jackstädt-Stiftung, Mittelsten-Scheidt, EDE, Gebrüder Becker und Barmenia. Weitere Unterstützung willkommen.

Neues Kunstwerk auf Basis
des Textes schaffen

Die leistet auch Markus Riedel, der von Anfang an dabei war, weil Braus das von ELS 1940/41 geschriebene, ganz und gar nicht eingängige, Grenzen überschreitende Stück mit seinen vielen inhaltlichen Ebenen in einem offenen, schroffen und unnahbaren Raum umsetzen will. Die Werkhallen von Riedel an der Uellendahler Straße sind dafür wie gemacht. Eine weitere Herausforderung stellt das Crossover-Stück selbst dar. Schauspiel, Tanz, Musik, und Licht müssen „zu einem neuen Kunstwerk auf der Basis des ELS-Textes“ vereint werden.

Diese Aufgabe geht ein internationales Team an: die israelische Regisseurin Dedi Baron, die Wuppertaler Dramaturgin Barbara Noth, das Wuppertaler Ensemble, Tänzer, darunter Kenji Takagi, ehedem Mitglied des Tanztheaters Pina Bausch, sowie Musiker. Außerdem wurde ein Autorenprojekt gestartet, an dem Regie-Studierende der Universität Tel Aviv und Studierende der Universität der Künste Berlin unter der Leitung von John von Düffel teilnehmen.

ELS habe ein großes Stück über die Frage nach dem Bösen in der Welt geschrieben, erklärt Barbara Noth. Sie habe nichts Geringeres getan, als Goethes Faust zu überschreiben. Die deutsch-jüdische Künstlerin war auf der Flucht vor den Nazis in Jerusalem gestrandet, verknüpft in „IchundIch“, das ihre Spaltung als Künstlerin ebenso ausdrückt wie die Spaltung der Welt, den Nazziterror mit den positiven Aspekten der deutschen Kultur. Noth: „Wegen seiner Respektlosigkeit gegenüber Goethes Faust landete das Stück nach 1945 in der Schublade, wurde erst 1979 in Düsseldorf uraufgeführt, kam kurz danach nach Wuppertal.“ Erst vor anderthalb Jahren wurde es ins Hebräische übersetzt.

Regisseurin Dedi Baron betont die Aktualität des Stücks, wie wichtig es ist, dass sich junge Menschen damit auseinandersetzen. Sie freut sich über die ersten Reaktionen, die sie bei den israelischen Studierenden erlebt hat, die wie ihre Berliner Kollegen eifrig arbeiten. „Ich weiß noch nicht, was am Ende als neue Schöpfung herauskommt. Es wird ein Geschenk von jungen Leuten an Lasker-Schüler sein.“ Oder, ergänzt sie, „es wird wie ein gutes Essen sein“, von dem man Verschiedenes kosten könne ohne das alles zusammen Beschwerden verursache.