Sinfoniker und ihr Instrument (15): Handarbeit mit weichem Klang
Letzte Folge im Instrumenten-Check: Im Sinfonieorchester ist Andreas Heimann im besten Sinne der Mann mit den vielen Klappen.
Herr Heimann, Sie sind seit 1997 Solo-Oboist im Wuppertaler Sinfonieorchester. Wie kamen Sie zur Oboe?
Andreas Heimann: Mit sechs Jahren begann ich mit Blockflötenunterricht. Nach einiger Zeit wollte ich unbedingt ein Orchesterinstrument erlernen. Da die Griffe auf Oboe und Blockflöte ähnlich sind, entschied ich mich mit 13 Jahren für die Oboe. Ich hatte zunächst bei einem pensionierten Solo-Oboisten des WDR-Rundfunk-Sinfonie-Orchesters in Bad Pyrmont Unterricht. Danach lernte ich in Hannover bei dem Solo-Oboisten des Niedersächsischen Staatsorchesters. Von 1989 bis 1991 schloss sich ein Studium in Berlin an der heutigen Universität der Künste ab, ab 1991 studierte ich dann an der Musikhochschule Hannover bei Professor Klaus Becker.
Was fasziniert Sie an der Oboe?
Heimann: Ich mag den weichen expressiven und tragfähigen Klang und die vielfältigen Möglichkeiten, die man mit der Oboe hat. Man kann als Solist arbeiten, aber genauso auch in einem Orchester oder in Kammermusikensembles spielen. Ich bin selbst gerne und oft in Kammerkonzerten tätig.
Was sollte man mitbringen, wenn man das Oboen-Spiel erlernen möchte?
Heimann: Man sollte handwerkliches Geschick mitbringen, da man an der Oboe viele Teile schraubt und richtet. Man sollte — wie bei anderen Instrumenten auch — über bestimmte musikalische Voraussetzungen verfügen, zum Beispiel über ein musikalisches Gehör oder ein Gespür für musikalische Linien.
Der Name Ihres Instruments leitet sich aus dem Französischen her. „Hautbois“ bedeutet so viel wie „hohes oder lautes Holz“. Weshalb ist das Holz denn so „laut“?
Heimann: Dass die Oboe als „hohes Holz“ gilt, stimmt. Aber dass ihr Holz besonders laut klingt, kann ich nicht bestätigen. Die Obertonstruktur erzeugt einen Klang, der eher besonders tragfähig als laut ist.
Wo wir schon bei Begrifflichkeiten sind: Die Oboe besteht aus Oberstück, Mittelstück, Mundstück und Becher, auch Fußstück genannt. Was macht den „Becher“ zum „Becher“?
Heimann: Der Becher wird aufgrund seiner becherähnlichen Form so genannt. Das Mundstück wird auch Rohr genannt, da es bis heute aus Schilfrohr besteht. Wir bauen unsere Mundstücke selbst. Das Schilf kommt aus Südfrankreich — gerne verbinde ich dies mit einem Frankreich-Urlaub. Ein Mundstück hält ungefähr eine Woche, weshalb wir ständig neue Mundstücke benötigen.
Aus welchem Holz werden Oboen gebaut?
Heimann: Oboen werden meist aus Grenadill gebaut. Das ist ein schwarzes Holz, das ähnlich aussieht wie Ebenholz. Ich selbst besitze drei Oboen. Eine davon ist aus Grenadill, die anderen beiden sind aus Buchsbaum. Mein Instrumentenbauer aus Berlin, Ludwig Frank, hatte vor rund 15 Jahren die Gelegenheit, an abgelagertes Buchsbaumholz für Oboen zu kommen. Buchsbaum wurde früher sehr häufig für den Bau von Holzblasinstrumenten benutzt. Als dann mit der Zeit an den Instrumenten immer mehr Klappen dazu kamen, ging man dazu über, die Instrumente aus dem härteren Grenadill zu bauen. Die Klappen meiner Instrumente sind übrigens vergoldet, da Gold pflegeleichter ist als Silber und nicht anläuft.
Gibt es einen Lieblingskomponisten, ein Lieblingsstück und eine Lieblingsepoche?
Heimann: Ich bin ein Fan der Spätromantik. Richard Strauss liegt mir sehr am Herzen. Ich mag auch italienische Komponisten wie Giacomo Puccini, Ruggero Leoncavallo und Pietro Mascagni. Genauso fühle ich mich im Barock zu Hause, zum Beispiel bei Werken von Georg Philipp Telemann. Mein Lieblingsstück ist meist das Stück, das ich gerade im Orchester spiele.
Was war das bisher schönste Erlebnis im Wuppertaler Sinfonieorchester?
Heimann: Am meisten gefallen haben mir bisher die Japan-Tourneen — und generell die Arbeit mit unserem Chef-Dirigenten Toshiyuki Kamioka, unter dessen Leitung sich das Orchester sehr weiterentwickelt hat. Aber auch Erfahrungen mit Gast-Dirigenten, beispielsweise mit Michel Plasson, sind immer wieder Highlights im Berufsalltag.