Star-Geigerin zeigt ihr Temperament
Ob schnelle Passagen oder leise Töne: Am Donnerstagabend verzauberte Anne-Sophie Mutter Wuppertal. Am Ende wurde sie mit stehenden Ovationen gefeiert.
Wuppertal. Elegant, konzentriert, musikalisch überragend — Anne-Sophie Mutter erfüllt bei ihrem Konzert in der fast ausverkauften Stadthalle die Erwartungen, die Konzertbesucher von nah und fern an sie haben.
Der Saal ist besonders stark abgedunkelt, damit niemand im Programmheft liest, anstatt der Musik zu lauschen. Kein Wort richtet die Star-Geigerin in der türkisfarbenen Abendrobe ans Publikum — sie sagt nur am Ende die Zugaben kurz an und spielt ansonsten sofort los.
Mit ihrem langjährigen Pianisten Lambert Orkis bildet Mutter eine starke Einheit: Die beiden gestalten die Stücke nicht nur exakt gleich, sondern verbeugen sich auch absolut synchron, scheinen selbst das Gleiche zu denken und fühlen.
Das Duo präsentiert eher selten aufgeführte Werke der Konzertliteratur. Bei Mozarts Violinsonate G-Dur KV 379 schwelgt Anne-Sophie Mutter im Schönklang. Jede Kantilene, jede kleine Verzierung gleitet glatt und golden dahin. Violine und Klavier bilden echte Partner, die sich bis ins kleinste Detail abstimmen und antworten.
In freundlichem Duktus gestalten sie Schuberts abwechslungsreiche „Fantasie für Violine und Klavier C-Dur“ mit perlenden Tongirlanden und kleinen clownesken Passagen. Richtig in ihrem Element ist Anne-Sophie Mutter bei der Partita für Violine und Klavier von Witold Lutoslawski. Hier spielt sie ihre unglaubliche Bandbreite an Klangfarben aus, hier zeigt sich ihre absolute technische Beherrschung des Instruments, das Gestaltung auch auf kleinstem Raum ermöglicht.
Bis ins kaum noch hörbare Pianissimo ersterben die Töne und bleiben trotzdem faszinierend schön, dann wieder spielt sie intensive Emotionen oder fahle, leere Klänge. Lambert Orkis tupft ebenso zarte Farben am Klavier oder braust in mitreißenden Klangkaskaden auf.
Ihre Virtuosität präsentiert Anne-Sophie Mutter in Camille Saint Saens’ Violinsonate Nr. 1 in d-Moll. Wobei technische Geläufigkeit und Schnelligkeit bei ihr nie Selbstzweck sind, sondern immer dem musikalischen Ausdruck untergeordnet werden.
Besonders deutlich wird dies bei der zweiten ihrer drei Zugaben: Der zweite ungarische Tanz von Brahms ist bei ihr kaum wiederzuerkennen, so intensiv gestaltet sie ihn.
Mit dem Schmalz der Zigeunergeiger säuselt sie die lyrischen Melodien, um sofort danach die schnellen Passagen in atemberaubendem Tempo und mit viel Temperament herunterzureißen.
Mit stehenden Ovationen feiert das Publikum das Duo, das nicht nur für Musikgenuss auf höchstem Niveau sorgt, sondern auch die Repertoire-Kenntnis erweitert.
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