Tony Cragg: Munteres Liebesbekenntnis
Der Künstler ist aus Wuppertal nicht mehr wegzudenken. Seit 30 Jahren lebt er hier, nun beteiligt er sich am Projekt „Sicht weisen“.
Wuppertal. Fünf Kunstpunkte entlang der traditionellen Wegachse machen noch keine Documenta. Aber Riesenkunst wie die "1001 Landsmänner" des Chinesen Ai Wie-Wie oder ein rotblühendes Mohnfeld auf dem ehemaligen Aufmarschplatz in Kassel, gepflanzt von der Kroatin Sanja Ivekovic, haben im Tal äquivalente Gegenpunkte im Kleinen - als punktuelle Glanzlichter einzelner Künstler.
Sir Anthony "Tony" Cragg ist einer von ihnen. Dass der seit 1977 in Wuppertal lebende gebürtige Liverpooler an der Kunstaktion "Sicht weisen" partizipiert, ist gut. Denn seit 30 Jahren in seiner Wahlheimat lebend, kennt er die Stadt und bringt sich durch kenntnisreiche Innenansicht ein.
Sein Beitrag lautet "I’m Alive" (Ich lebe) und ist wörtlich genommen durchaus als Liebeserklärung interpretierbar. Allen demographischen Prognosen, die ja eher düster sind, stellt er den Kontrapunkt entgegen: Die Stadt ist munter und am Leben.
Craggs silbrig blitzende Skulptur ist auf dem Grünstreifen gegenüber des Opernhauses aufgestellt. Schnell wie Quecksilber wirkt die schleifenartige Form, je nach Perspektive wie ein stilisiertes Alpha und Omega oder an eine organische Form, beispielsweise einen Delfin, erinnernd.
Im Sommer wird die Skulptur aus Edelstahl durch ein noch namenloses, 6,50 Meter in die Höhe ragendes Bronze-Werk ersetzt. Das werden zwei sich umeinander schlingende Elemente sein, die aus der Ferne wie eine Doppel-Helix ausschauen.
Wer die Säulen genau betrachtet, erkennt ihre feine Struktur. In Anspielung auf die Geschichte Wuppertals sind diese Bronzeteile ein Sinnbild für den Stoff, aus dem die Stadt entstand.
Einerseits lassen sich die kleinen Teile wie Gewebe oder Fäden interpretieren, andererseits ergeben sie mit ein wenig Fantasie Konturen von Gesichtern.