Verhängnisvolle Affäre im Forum: Träumerin trifft Taktiker

Premiere: Das Taltontheater zeigt „Fräulein Julie“ als packendes Spiel.

Wuppertal. Zum guten Schluss muss Fräulein Julie sterben. So steht es in August Strindbergs gleichnamigem Stück von 1888, und so ist es auch bei der Inszenierung von Jens Kalkhorst, die das Wuppertaler Taltontheater im Forum zeigt.

Während Köchin Kristin (Sabine Happe) stoisch Kartoffeln schält und Kammerdiener Jean (David Meister) besessen des Grafen Stiefel blitzblank wienert, schneidet sich Julie (Angela del Vecchio) mit dem Rasiermesser die Kehle durch.

Es ist das Harakiri der Edelfrau, das innere Gewissensgesetz, das sie in den Suizid treibt. Denn Julie, von Beruf Tochter, und Jean, der Repräsentant der so genannten Unterklasse, haben eine verhängnisvolle Affäre.

Der kurzen Lust folgt rasche Ernüchterung, diese Mesalliance wie Hecht und Specht hätten sie besser nicht gehabt. Aber während Jean sich quasi nur schüttelt, um sich so einer unangenehmen Erinnerung zu entledigen, meint Julie, mit einem solchen Makel nicht leben zu können: "Eine Welt, in der ich nicht leben will, verlasse ich lieber."

Kalkhorst bringt Strindbergs naturalistisches Trauerspiel äußerst werkgetreu wie ein historisches Kammerspiel auf die Bühne. Die gesellschaftlichen Unterschiede stellt er plakativ dar: Es gibt Podeste, auf denen Julie unterwegs ist. Sie zeigen das "Oben", symbolisieren die adlige Gesellschaft.

Anders als Julie, dieses zerrissene Wesen, das irgendwie lebensuntüchtig träumend durch die Welt irrt und mit den gesellschaftlichen Umbrüchen der Zeit nicht zurecht kommt, weiß Jean genau, was er will: den sozialen Aufstieg. Um seinen Traum vom Platz an der Sonne zu realisieren, ist ihm jedes Mittel recht.

Kurz, knapp und schnörkellos führt Kalkhorst die Personen durchs Stück. Nach 70 Minuten ist das Drama beendet und Applaus der Lohn für die Arbeit.