Verschlungene Wege zur Kunst

Renate Löbbecke und Bartek Juretko stellen im Kunstkomplex aus.

Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Unterschiedlicher können Wege zur Kunst kaum sein — doch an ihrem Ende treffen sich Renate Löbbecke (Jahrgang 1946) und Bartek Juretko (Jahrgang 1982) bei ähnlichen Fragen: Wie guckt der Mensch auf Dinge, wie nimmt er wahr, wie verfälscht er dabei ganz automatisch?

Einige künstlerische Ergebnisse — ganz unterschiedlich, aber mit gemeinsamen Schnittmengen — präsentieren sie ab morgen in einer gemeinsamen Ausstellung in der Galerie Kunstkomplex. Die Galeristin Nicole Bardohl holt derzeit für ihre Ausstellungsreihe Clash immer einen jüngeren und einen älteren Künstler in ihre Räume an der Wesendonkstraße.

Diese Idee gefällt beiden. „Wir hätten uns sonst nicht getroffen“, sagt Renate Löbbecke. So aber gab es „einen intensiven Austausch“, sagt Bartek Juretko, dann habe sich einfach alles gut ergeben. Er zeigt unter anderem aneinander gereihte Häuschen und lotet das menschliche Bedürfnis nach Ordnung aus — doch wann passt etwas nicht mehr ins Schema?

Außerdem nimmt er den Ausdruck „Fotos schießen“ wörtlich: Er hat aus Holz eine Kamera obscura gebaut und schießt hinein. Die willkürlich durchlöcherte Pappblende bestimmt das Motiv - je mehr Löcher, desto mehr Überblendungen. Ein spannendes Licht-Spiel.

Renate Löbbecke hat aus ihrem reichen und vielgestaltigen Werk neben anderem eine Maskenserie ausgesucht: Auf die immer gleiche Grundform hat sie Porträts von Prominenten mit Foto-Emulsion gemalt — und jede Maske wirkt völlig anders. Sie zeigt Beispiele aus der Serie, für die sie die Spiegelungen in ihrer Iris fotografiert hat — verzerrte, aber unverkennbare Stadtansichten.

Eine Vielzahl von Statistiken der Stadt über die Verteilung unter anderem von Katholiken, Ein-Personen-Haushalten unter 25 Jahren oder übergewichtigen Schulanfängern im Stadtgebiet hat sie farblich verfremdet: „Menschen werden in Zahlen transformiert und in anderer Form veranschaulicht — diese Distanzierung wollte ich sichtbar machen“, so Löbbecke.

Sie hat sich immer schon mit Kunst auseinandergesetzt, aber studieren wollte sie das nicht: „Ich war immer eigenwillig und wollte mich nicht von Lehrern verbiegen lassen.“ Stattdessen hat sie sich fürs Lehramt entschieden: „Ich habe gedacht, da hätte ich einen Halbtagsjob — das stimmte natürlich ganz und gar nicht.“

Als die beiden Kinder kamen, hat sie sich in der Schule beurlauben lassen — „und meine Zeit ganz diszipliniert für die Kunst genutzt“. Recht schnell hat sie den Schritt zur freischaffenden Künstlerin vollzogen und sich auch rasch etabliert — „aber viel verdient habe ich damit nie“.

Dass man „als Künstler nicht immer ein leichtes Leben hat“, weiß Bartek Juretko von klein auf, denn sein Vater Krzysztof ist Maler und Bildhauer. Kunst war immer eine Option, „ich habe schon als Dreijähriger hinten auf die Leinwände meines Vaters gemalt“, sagt er. Dennoch wollte er lieber Architekt werden. Ist er auch: „Ich habe in den vergangenen zehn Jahren viel in Büros gearbeitet. Aber das begrenzt einen und saugt einen aus.“ Man könne letztlich kaum etwas frei bestimmen.

Jetzt ist er 33 und sagt: „Irgendwann versteht man, dass Geld nicht alles ist.“