Wuppertaler Kultur Wuppertal bekommt eine Generalmusikdirektorin

Die britische Dirigentin Julia Jones tritt die Nachfolge von Toshiyuki Kamioka bereits in diesem Sommer an.

Foto: Thomas Kunz

Wuppertal. Die Bergische Metropole bekommt eine Generalmusikdirektorin (GMD): Julia Jones wird Nachfolgerin von Toshiyuki Kamioka. „Es war ein einstimmiges Votum der Findungskommission in Übereinstimmung mit dem Orchester und Opernintendant Berthold Schneider, sagt Kulturdezernent Matthias Nocke (CDU), nachdem die Stadt die letzten Details des Vertrages mit der britischen Dirigentin (54) ausgehandelt hatte.

Julia Jones wird ihre Stelle bereits im Sommer antreten — wegen internationaler Verpflichtungen kann sie in der ersten Spielzeit aber noch nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen. „Welche Produktionen die Generalmusikdirektorin genau übernimmt, müssen wir im Einzelnen noch besprechen“, sagt Enno Schaarwächter, Geschäftsführer der Bühnen. „Sie wird auf jeden Fall das nächste Neujahrskonzert und das Open Air-Konzert 2017 dirigieren.“

Wie in dieser Position üblich wird sie auch an anderen Orten dirigieren, „aber ich bin mir sicher, dass Frau Jones hohe Präsenz zeigen wird“, sagt Schaarwächter. „Vorgesehen ist, dass sie neben der Arbeit im Orchestergraben des Opernhauses sechs der zehn Abo-Konzerte und bis zu zwölf weitere Konzerte übernimmt“, so Nocke. Dabei will sie sich auch bei den Familien- und Chor-Konzerten engagieren.

Jones’ Vertrag läuft zunächst bis Sommer 2019. Wenn sich an den Rahmenbedingungen des Sinfonieorchesters, um das erneut eine Fusionsdebatte entflammt ist, nichts ändert, verlängert er sich automatisch um zwei Jahre. Falls sich die Mitgliederzahl und das Budget des Orchesters verschlechtern, kann sie 2019 gehen.

Die Findungskommission hat diese Wahl wahrlich nichts übers Knie gebrochen, 16 Monate dauerte der Prozess. Die Stelle wurde im Dezember 2014 ausgeschrieben, weit mehr als 100 Dirigenten haben sich beworben, gut ein Dutzend stellten sich in Wuppertal mit dem Taktstock vor. Dieser Prozess war zugleich transparent wie an wenigen anderen Häusern: Das Publikum konnte jeden Bewerber in der Oper und/oder beim Sinfoniekonzert in der Stadthalle erleben.

Zugleich ist es ein starkes Signal, die Leitung des renommierten Orchesters einer Frau zu übertragen. Denn Generalmusikdirektorinnen sind auch heute noch extrem selten. Orchester sind oft biestig konservativ und lehnen Bewerberinnen mit Nörgel-Argumenten ab. 2013 waren gerade mal zwei von 131 GMD-Stellen in Deutschland mit Frauen besetzt: die Australierin Simone Young in Hamburg, die Amerikanerin Karen Kamensek in Hannover. Beide haben ihre Verträge nicht mehr verlängert.

„Es ist gut, dass wir eine herausragende Dirigentin von internationalem Rang nach Wuppertal holen können“, resümiert Kulturdezernent Matthias Nocke, der Julia Jones in den Verhandlungen als „geerdete und aufgeschlossene Persönlichkeit“ erlebt hat.

Jones gilt in der Branche als forsch und durchsetzungsstark. Das kann zu Konflikten führen, wie in ihrer Zeit als Chefdirigentin Oper in Basel ab 1998. Zwischen ihr und dem Orchester bauten sich Spannungen auf, 2002 kam es zum Eklat. Als die Musiker laut ihrer Aussage vier Tage vor der Generalprobe weder die richtigen Töne noch ihre Einsätze trafen, legte Jones ihr Amt nieder. Das Basler Publikum indes stand auf ihrer Seite und buhte die Musiker aus. Ein selbstbewusstes Auftreten kann aber gerade in den aktuell schwierigen Zeiten auch hilfreich sein.

Die Wuppertaler Musiker wissen jedenfalls, worauf sie sich mit ihr einlassen, denn Jones hat schon mehrfach als Gastdirigentin mit ihnen gearbeitet. Mehr als 70 Prozent der Orchestermitglieder, die sonst oft uneins sind, haben jetzt für die Dirigentin gestimmt.