Else Lasker-Schüler Wuppertal feiert Else mit Tanz, Theater und Musik

150. Geburtstag: Stadt und Else Lasker-Schüler-Gesellschaft haben das Festjahr eröffnet.

Pina Bausch-Tänzerin Chrystel Guillebeaud performt die ELS-Ulkiade „Der Kartoffelpuffer“.

Foto: Schwartz, Anna (as)

„Meinwärts“, der Festabend zum 150. Geburtstag von Else Lasker-Schüler hatte alles, was eine schöne Feier braucht. Zahlreiche Gäste, die den Mendelssohn-Saal der Historischen Stadthalle füllten – also den Ort, wo die Künstlerin im Oktober 1912 ihre letzte Lesung in der Wupperstadt hatte. Festredner, die die gebürtige Elberfelderin würdigten. Und vor allem aktuelle Kunst, die sich von Elses Werk inspiriert zeigte. Herzstück war die Uraufführung „Der Kartoffelpuffer“, bei der die ehemalige Pina Bausch-Tänzerin Chrystel Guillebeaud einen Text der Dichterin vortrug.

Fürs Warm-Up sorgten Mehmet Kaldik und Eral Topay. Mit einem energiegeladenen Rap ließen die beiden Schüler der Gesamtschule Else Lasker-Schüler das Leben der Jubilarin Revue passieren – vom Wunderkind ihrer Familie bis zur Bohème-Existenz in Berlin, vom Exil in der Schweiz bis zu den letzten Jahren in Jerusalem. Danach gab es Geschenke – wie es sich für eine Geburtstagsfeier gehört. Klaus Stiebeling überreichte Hajo Jahn von der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft eine Postkarte, die Else durch ihre Zeichnungen in ein echtes Kleinod verwandelt hat.

Engagement unter anderem gegen das Abtreibungsverbot

Jahn erinnerte an die Schriftstellerin, die mit Lesungen und extravaganten Gewändern „selbst Teil ihres Gesamtkunstwerks“ geworden sei. „Bei aller Feierfröhlichkeit dürfen wir nicht vergessen“, betonte der Redner. Das Schicksal der von den Nazis aus Deutschland verjagten Jüdin mahne, Nein zu sagen zu Antisemitismus, Nationalismus und Faschismus. Oberbürgermeister Andreas Mucke beleuchtete ihr politisches Engagement – unter anderem gegen das Abtreibungsverbot und für die Rechte der Homosexuellen. Zusammen mit der Philosophin Helene Stöcker, ebenfalls 1869 in Elberfeld geboren, stehe sie „für ein tolerantes, weltoffenes Wuppertal“.

Lilafarbenes Gewand und Küchenschürze – schon das Kostüm von Chrystel Guillebeaud deutete an, dass Extravaganz und Bodenständigkeit durchaus zusammenpassen. Ihre Choreografie zur komischen Abhandlung über den Kartoffelpuffer verstärkte den Eindruck noch. Mal nahm sie mit weit ausgreifenden Armen und Beinen die Bühne in Besitz, dann wieder griff sie zu Kartoffeln und Kartoffelreibe. Küchengeräusche und Musik untermalten den Tanz, der allmählich in einen Textvortrag überging. Auf die Ironie der Vorlage setzte sie noch eins drauf, indem sie poetischen Freiheiten die historischen Fakten gegenüberstellte. „Else sagt uns nicht die Wahrheit. Das ist nicht mein Ding!“

Amüsiert verfolgte das Publikum auch den Beitrag der Wuppertaler Bühnen. In bester Spiellaune widmeten sich Thomas Braus, Julia Reznik und Lena Vogt der Streitschrift „Ich räume auf“, mit der Else Mitte der zwanziger Jahre gegen ihre Verleger Stellung bezog.

Der Appell an die Solidarität der Schriftstellerkollegen verhallte damals. Unverbraucht wirkt bis heute die Mischung aus Sarkasmus und Wortgewalt. Nebenbei erfuhr man, was Dichtung für die Autorin war: „vornehmstes Leben“. Einen Extra-Applaus bekam Thomas Braus, als er mit Verve ein orientalisch klingendes Unsinnsgedicht vortrug.

Nach den Schauspielern kamen „Die Redner“ auf die Bühne – eine Truppe von Künstlern und Musikern aus Saarbrücken. Zu treibenden Jazz-Klängen führten sie „Credo“ (Glaubensbekenntnis) auf der Videoleinwand vor. Das Multimediastück gab Vertretern von Judentum, Christentum und Islam ebenso eine Stimme wie überzeugten Atheisten.

Ein passender Abschluss für die Geburtstagsfeier einer Dichterin, die in ihren Texten aus den Quellen aller drei monotheistischen Religionen – besonders ihrer mystischen Spielarten – schöpfte.