Konzert Risto Joost stellt das Orchester beim Chorkonzert ganz neu auf
Dirigent brachte Überraschungen in die Stadthalle. Das Klangergebnis gab ihm am Ende Recht.
Ist bei den städtischen Chorkonzerten mittlerweile der Wurm drin? Sie gelten an und für sich als heilige Kuh im Kulturleben Wuppertals, waren ein Garant für ein volles Haus. Vier Veranstaltungen gab es pro Spielzeit, die der Chor der Konzertgesellschaft und der Konzertchor der Volksbühne je zur Hälfte gemeinsam mit dem Sinfonieorchester Wuppertal gestalteten. In dieser Saison sind nur drei dieser Art vorgesehen. Wird diese Reihe mittlerweile stiefmütterlich behandelt, ist deswegen das Interesse nicht mehr groß? Nur ein überschaubares Publikum kam jedenfalls zum ersten Konzert dieser Saison in den Großen Saal der Stadthalle.
Nun, das Programm sprach nicht für eine große Chorveranstaltung. Denn lediglich Wolfgang Amadeus Mozarts „Große Credomesse“ in C-Dur (KV 257) mit einer Dauer von knapp 25 Minuten stand ganz zum Schluss auf dem Programm. Zuvor gab es seine 25. Sinfonie (KV 183) und zwei Werke des zeitgenössischen Komponisten Arvo Pärt: „Cantus in Memoriam Benjamin Britten“ und „Fratres“ in der Fassung für Streichorchester und Schlagzeug. Dieser Inhalt spricht also mehr für ein Sinfoniekonzert mit etwas Chormusik dazu. Auffallend war auch, dass der bei Sinfoniekonzerten übliche schöne Blumenschmuck links und rechts neben der Bühne fehlte.
Risto Joost, derzeit künstlerischer Leiter des MDR Rundfunkchors, zeichnete für den Abend am Totensonntag verantwortlich. Laut im Programmheft abgedruckter Biografie gilt er „als einer der innovativsten Köpfe der jüngeren Dirigentenszene“. Neu war jedenfalls seine Orchesteraufstellung: Vom Saal aus betrachtet saßen von links nach rechts die 1. Geigen, dann die Bratschen, Celli und schließlich die 2. Geigen.
Dagegen sind die deutsche und amerikanische Sitzordnung üblich. Deren Aufstellung der Streichergruppen sieht anders aus, abgesehen von kleinen Varianten. Bei der deutschen nehmen nach den 1. Geigen die Celli, Bratschen und 2. Geigen Aufstellung. Bei der amerikanischen Anordnung kommen nach den 1. die 2. Geigen, dann die Bratschen und Celli.
Joosts Schlagtechnik
war exakt
Dass also Joost die Bratschen neben die 1. Geigen platzierte, ist ungebräuchlich. Die Kommunikation der Streicher untereinander ist also anders. Bei Mozart war es offensichtlich, dass die Chefs der ersten und zweiten Geigen wohl deshalb ihre Körpersprache während des Musizierens deutlich in den Fokus stellten. Dessen ungeachtet war Joosts Schlagtechnik exakt, wurde so Mozarts Sinfonie fein phrasiert gespielt und gründlich an den musikalischen Linien gefeilt. Sehr sensibel war auch Pärts Musik, die angemessen kontemplativ von der Bühne kam. Etwa verlief final traumhaft schön ganz leise „Fratres“ im Nichts (morendo).
Ein weiteres Novum gab es bei der Mozart-Messe: Joost trennte die hinten in der Mitte befindlichen Trompeten von den rechts hinter den Kontrabässen aufgestellten Posaunen. Das kann zu einem Problem führen: Denn die Blechbläser müssen so wesentlich konzentrierter auf eine harmonische Intonation untereinander achten, da sie weit auseinander sitzen. Nicht von ungefähr bildet also generell die Blechabteilung – wie auch die der Holzbläser – eine in sich geschlossene Gruppe.
Hier zeigte sich der Volksbühnenchor (Einstudierung: Thorsten Pech) bestens disponiert. Eine deutliche Aussprache, kultivierte Dynamiken und ein ausgelotetes Nachzeichnen der musikalischen Inhalte waren wesentliche Merkmale seiner bewegenden Gesänge. Auch die vier Solisten sangen ausgewogen zusammen. Die tragfähigen und beweglichen Stimmen von Antonia Bourvé (Sopran), Lucie Ceralová (Alt), Peter Aisher (Tenor) und Sebastian Campione (Bass) harmonierten vorzüglich mit dem Chor. Gerade wegen der positiven sängerischen Darbietung hätte der Schlussapplaus heftiger und länger ausfallen können.