Kultur Auf das Singen nicht verzichten

Das Singen in der Kirche ist seit mehr als einem Jahr verboten und zurzeit finden keine Präsenzgottesdienste und Konzerte statt.

Probe in der Friedhofskirche in Elberfeld: Dorothea Brandt und Thorsten Pech.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Für alle die singen wollen, die in der Kirche Musik machen wollen, ist der Sonntag Kantate ein besonders wichtiger Tag im Kirchenkalender, an dem es „Kantate – Singt!“ heißt. Das Singen in der Kirche ist seit mehr als einem Jahr verboten und zurzeit finden keine Präsenzgottesdienste und Konzerte statt. Um dennoch den Tag, an dem man singen möchte, angemessen zu begehen, wird ein Gottesdienst mit viel Musik aufgezeichnet und als Stream gesendet.

„Das ist die größtmögliche Reduktion für den Sonntag Kantate“, sagt der Elberfelder Kirchenmusiker Thorsten Pech. Man könnte es auch die kleinstmögliche Besetzung nennen, wenn Sopranistin Dorothea Brandt und Organist Thorsten Pech die Größen der evangelischen Kirchenmusik des 17. und 18. Jahrhunderts zumindest im kleinen Rahmen zum Klingen bringen. Mit nur einer Stimme und der kleinen Orgel.

Mit einer Stimme und der
kleinen Orgel singen

Eigentlich ist es der klassische Sonntag für große Kirchenmusik. Bachkantaten, gesungen von großen Chören und begleitet von einem Orchester. Auch Kinderchöre, wie die Mädchenkurrende, sind normalerweise am Kantatensonntag beteiligt. „Wir wollen auf das Singen nicht verzichten“, sagen Organist und Sängerin, und hoffen, über den Weg der Online-Präsentation die Verbindung zum treuen Konzertpublikum halten zu können. „Vielleicht können wir auf diesem Weg sogar neue Hörerschichten gewinnen, die sich später darauf freuen, Live-Konzerte besuchen zu können“, sagt Thorsten Pech.

 Sopranistin Dorothea Brandt, die sicherlich vielen noch als hervorragende Solistin auf der Wuppertaler Opernbühne bekannt ist, singt mit erfrischend positiver Energie das „Kleine Geistliche Konzert für Sopran und Orgel über Psalm 34“ von Heinrich Schütz (1585-1672). „Mehr Freuen geht nicht“, kommentiert Pech nach ihrem jubelnden „Halleluja“. Spannend wird das Lied durch die wechselnden Stimmungen. Andächtig, innig und gefühlvoll, dann mit strahlender Freude und Zuversicht. Organist und Sängerin harmonieren hervorragend und nehmen sich Zeit, den Charakter der Stücke, Interpretation und Steigerungen zu besprechen. Thorsten Pech, der als Dirigent mehrere Chöre leitet, atmet mit. Das ist zu spüren und   eine große Unterstützung für die Sängerin.

 Zwei „Geistliche Lieder“ aus dem „Schemellischen Gesangbuch“ mit der Musik von Johann Sebastian Bach (1685-1750) singt Brandt mit ihrem klangreinen Sopran schon in dieser Probe so mitreißend, dass die Zuschauer des Online-Gottesdienstes begeistert sein werden.

Digitales Konzert mit
positiver Botschaft

Auch ein Gemeindelied darf nicht fehlen. Das Lied 288 aus dem Evangelischen Gesangbuch, „Nun jauchzt dem Herren alle Welt“, das Dorothea Brandt wunderschön innig vorträgt, ist zum Mitsingen gedacht. Der Text wird im Stream für die Zuschauer eingeblendet, so dass jeder zu Hause die fünf Strophen anstimmen kann.

Die Probe, bei der die WZ zu Gast sein durfte, fand in der Friedhofskirche statt. Orgelvorspiel und -nachspiel nimmt Thorsten Pech dort an der großen Sauer-Orgel auf. Der Gottesdienst mit der wunderbaren Musik wird später in der Kirche am Kolk, der Elberfelder „Musikkirche“, aufgezeichnet. Prädikant Rüdiger Raschke, ein „Kolker Urgestein“, wie Pech ihn nennt, hält den Gottesdienst.  Zum Abschluss der Probe sagt Pech: „Unsere Musik hat eine optimistische Botschaft: ‚Singet dem Herrn ein neues Lied’, heißt das nicht auch, dass es nur besser werden kann?“