Porträt „Singen ist meine Möglichkeit, mich auszudrücken“
Die Sopranistin Ralitsa Ralinova vom Wuppertaler Opernensemble hat in diesem Jahr drei Auszeichnungen erhalten.
Sängerin wollte sie eigentlich schon immer werden. Obwohl das Singen noch im Studium in Konkurrenz zum Klavierspiel stand, die Entscheidung erst nach dem Erwerb des Bachelor fiel. Seit vier Jahren gehört die heute 30-Jährige Sopranistin Ralitsa Ralinova dem Wuppertaler Opernensemble an. Sie fühlt sich wohl, ist integriert und auf dem Weg nach oben. In diesem Jahr hat sie gleich drei Auszeichnungen erhalten. Außerdem gab es vor kurzem die herzliche Gratulation zum runden Geburtstag von den Kollegen – nach einer Aufführung und mitten auf der Bühne.
Gratulation zum runden Geburtstag mitten auf der Bühne
Ralitsa Ralinova wurde 1989 geboren, sie wuchs in Bulgarien auf. Schon als Kind war ihr klar: „Das Singen ist meins“, erzählt das Energiebündel mit den lachenden, tiefbraunen Augen: „Singen ist mein Leben, meine Möglichkeit, mich auszudrücken, ich liebe es.“ Also wurde, nach erstem Unterricht in der Kindheit, in der Schulzeit sowohl Klavier als auch Gesang intensiv gelernt. Im Bachelorstudium in Sofia hatte noch das Klavier die Nase vorn, war der Gesang Nebenfach. Den Master aber erwarb die junge Frau im Fach Gesang. Klavier, am liebsten Beethoven und Chopin, spielt sie nach wie vor gerne, aber nicht zu Aufführungszwecken. Sondern in der wenigen freien Zeit, die sie noch hat.
In den Nord-Westen Europas zog es Ralinova über Meisterkurse in Österreich und die internationale Sommeroper in Bamberg. Das Projekt brachte viele junge Nachwuchssänger in der fränkischen Stadt zusammen. Sie sang die Zerlina in Mozarts „Don Giovanni“ und erlebte „eine wunderbare Zeit“. Mit dieser Rolle bewarb sie sich auch beim damaligen Opernintendanten Toshiyuki Kamioka in Wuppertal, wurde in seinem Opernstudio angestellt, um in kleineren Rollen Bühnenerfahrung zu sammeln. Unter seinem Nachfolger, Opernintendant Berthold Schneider, sang sie dann 2016 vor und wurde direkt ins Ensemble übernommen.
Gesangswettbewerbe hat Ralitsa Ralinova schon etliche gewonnen, in diesem Jahr wurden ihre Susanna in Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“, Julietta in Martinus „Julietta“ und Micaela in Bizets „Carmen“ ausgezeichnet. Während die Rolle der Micaela zwar klein, aber dafür bedeutsam und schön sei, liegt ihr die der Susanna besonders am Herzen. Der zweite Preis und der Publikumspreis beim Gesangswettbewerb „Beppe de Tomasi“ im italienischen Reggio Calabria machte sie nicht nur stolz, weil sie sie in einem Land erwarb, das viele gute Sängerinnen habe. Er brachte ihr auch die Rolle der Adina in Donizettis „Der Liebestrank“ ein, die sie in Lorci im Sommer sang und im Februar in Wuppertal singen wird. Die Auszeichnungen durch die journalistische, deutschsprachige Fachwelt („beste (Nachwuchs-)Sängerin“) erfuhr sie von Kollegen.
Lampenfieber gehört
zum Job dazu
Im Moment steht die Sopranistin als Musetta in Puccinis „La Bohème“ auf der Wuppertaler Opernbühne, liebt ihre Rolle in der Inszenierung mit ihrem Bühnenbild aus Pappe und Papier. Freut sich, dass sie auch schauspielern darf, weil das die Arbeit einfacher mache, ihr helfe, sich in ihren Charakter einzufühlen und mit den anderen besser zu agieren. Unabhängig davon bereitet sie sich derzeit auf ihren (bewegungsarmen) Part im ersten Chorkonzert vor, bei dem sie Ende November Mozarts Requiem in der Stadthalle singen wird.
Lampenfieber gehört für Ralinova zum Job dazu, eine gute Portion Adrenalin sei gut, zu ruhig sein eher nicht. In Wuppertal hat sie viele Freunde gefunden, fühlt sie sich pudelwohl. Die Familie in Bulgarien sieht sie selten – vielleicht im Januar, Weihnachten muss sie auf der Bühne stehen, sicher im Sommer. In diesem Sommer stand sie als Gilda in Rigoletto auf der Bühne in Sofia. Wie lange sie in Wuppertal bleibt? Wer weiß, die Zukunft ist offen, jetzt sei sie hier. Auch wann sie ihre Traumrolle, die der Violetta in Verdis „La Traviata“ spielen wird, weiß sie nicht. Aber dass sie sie singen wird, scheint sicher.