Wuppertals „Isolde“ glaubt an das Schicksal
Marion Ammann gastiert an den Wuppertaler Bühnen. Am Ostermontag singt die Schweizerin wieder im Opernhaus.
Wuppertal. Es ist die wohl größte und anspruchsvollste Partie, die das Opernrepertoire für Sopranistinnen bereithält. Nur wenige wagen sich an die Isolde in Richard Wagners "Tristan und Isolde".
In Wuppertal singt derzeit die Schweizerin Marion Ammann die schwierige Rolle. "Da braucht man wirklich Kondition - und ohne eine gute Technik geht gar nichts", sagt die Gast-Sängerin. Eine Woche verschlingt so eine Isolden-Aufführung bei ihr: Schon den Tag vorher verbringt sie betont ruhig, um Kräfte zu schöpfen. Dann reist sie am Tag vor der Vorstellung an und schläft am Aufführungstag bis in den Mittag hinein. "Das ist das Allerbeste für meine Stimme."
Nach der Vorstellung fährt sie am liebsten sofort zurück in ihr Heimatdorf, wo Haus und Garten auf sie warten. "Am nächsten Tag bin ich sowieso platt - zwar nicht stimmlich, aber körperlich. Da geht nichts mehr." Und auch die Tage danach beginnt sie langsam.
Trotzdem liebt die 44-Jährige Wagner. Als sie ganz zu Beginn ihres Studiums ein paar Passagen aus dem "Fliegenden Holländer" hörte, war sie entschlossen: "Das möchte ich singen." Folgerichtig bekam sie ihre beiden Kinder noch während des Studiums, um mit Mitte 30 parat zu sein für Wagner. Mit 39 Jahren dann wurde sie das erste Mal gefragt, ob sie sich die Isolde zutrauen würde. Das Theater Lübeck suchte händeringend eine Sopranistin für die Rolle. "Alle haben mich davor gewarnt - aber ich glaubte an das Schicksal", sagt Ammann.
Vier Monate lang lebte sie nur mit ihrer neuen Aufgabe. "Ich bin morgens aufgestanden mit der Isolde, habe mittags mit ihr gekocht..." Die Aufführung wurde ein bejubelter Erfolg. "Man muss wohl die Abgründe des Lebens kennen, um die Leute zu berühren." Denn das Ziel ist klar: "Mich interessiert, ob am Ende des Stückes jemand geweint hat."
Wenn sie als Gast zu Opernhäusern reist, möchte sie am liebsten täglich proben. Im Idealfall besteht ihr Leben dann nur noch aus Proben und Schlafen. Zu Hause hingegen übt sie nicht übermäßig viel: "Ich bin ein Proben-Tiger, aber kein Übe-Typ."
Lieber werkelt sie im Garten oder trainiert die Partien mental. "Vielleicht tönt meine Stimme deshalb auch noch relativ jung." Im Gegensatz zu vielen anderen Wagner-Sängerinnen verfügt Ammann über eine sehr schlanke, flexible Stimme. Neben den großen Rollen singt sie weiterhin Schubert-Lieder oder Bach-Oratorien und gerne auch Richard Strauss. Doch ihr Herz gehört Wagner.