Wuppertals Kulturszene trauert um Jo Micovich

Schreiben galt bei Jo Micovich als Lebenshilfe.

Wuppertal. Was zählt, ist der Mensch - und nicht die Anrede. Dass manche "er", andere wiederum "sie" sagten, gehörte zum Leben von Jo Micovich wie die Liebe zur Literatur. Und die lebt weiter, wie Freunde und Wegbegleiter hoffnungsvoll erklären - auch wenn die Trauer um den Tod von Micovich groß ist.

Großherzig, treu und verständnisvoll: So bleibt Micovich vielen in Erinnerung - Lesern genauso wie Kollegen aus der Autoren- und Puppenspieler-Szene. Einer von ihnen ist Gerd J. Pohl (Piccolo Puppenspiele, Bergisch Gladbach), der von Micovich vor allem eines gelernt hat: "Reduziere nie einen Menschen auf eine einzelne Tat." Wenn Pohl von "sozialen Verdiensten für die Menschen in Wuppertal" schwärmt, meint er vor allem die "Knastarbeit", wie es Micovich selbst nannte: "Sie beschenkte Menschen in Gefangenschaft. ,Ihren Leuten’ hinter Gittern galt bis ins hohe Alter hinein ihre Hingabe."

Auch Ingrid Schaarwächter und Friederike Zelesko bewundern das unermüdliche Engagement, mit dem Micovich (82) bis zuletzt geschrieben und gearbeitet hat - in Literaturwerkstätten, der Justizvollzugsanstalt und dem Verband deutscher Schriftsteller, in dem Micovich nicht nur Mitglied war, sondern sich als Sprecher auch jahrelang für Wuppertaler Autoren einsetze. Dabei war die (Schreib-)Hilfe für andere auch Kraftquelle für den eigenen Alltag: "Für mich ist es immer wieder faszinierend, wenn ich sehe, was in Menschen steckt, wie sie sich entwickeln und wie groß das kreative Potential ist", betonte Micovich. "Schreiben hilft leben, manchmal auch überleben."

"Auf den literarischen Nachlass darf man gespannt sein", sagen Schaarwächter und Zelesko. Fest steht bereits, dass der Wuppertaler Nordpark Verlag im Herbst ein Micovich-Buch veröffentlicht - unter dem Titel "Niemand ist entkommen: Eine Jugend im Hitlerstaat 1943-1945". Für den Spätherbst ist auch eine Gedenkveranstaltung geplant.

"Jo Micovich starb friedlich daheim in ihrer Wohnung in Wuppertal, während sie schlief", so Pohl. "Ihre letzte Ruhe wird sie in Spanien finden - dem Land Frederico Garcia Lorcas, dem sie sich so verbunden fühlte."