Auch mit 85 noch auf Rekordjagd
Werner Beecker läuft seiner Konkurrenz weiter davon und plant für 2018 drei Weltrekordversuche mit Staffelpartnern.
Man muss sich Ziele setzen, auch mit 85 Jahren. Für Werner Beecker ist das keine Frage. Kein Wunder, dass der Lauf-Nestor des LC Wuppertal — deutschlandweit der seit Jahrzehnten wohl erfolgreichste Altersklassenläufer — seine Ziele weiterhin auf den Tartanbahnen und Crossstrecken des Landes sucht.
Für 2018 stehen nicht weniger als drei Weltrekordversuche auf der Agenda des Haaners. Los geht es Anfang März bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Erfurt, wenn er mit Lauffreunden aus Dormagen, Zittau und Hannover die Bestmarke über 4 x 200 Meter brechen will — und zwar in der Altersklasse M 85. Eigentlich sind Kurzstrecken nicht sein Ding, die meisten seiner inzwischen 68 Deutschen Meistertitel und 100 Nordrheinmeisterschaften hat er auf Strecken zwischen 800 und 10 000 Meter errungen, allein sieben im vergangenen Jahr.
„Aber die Jungs haben mich gedrängt, ich solle doch mitlaufen“, berichtet Beecker, der sich freilich gerne drängen lässt. Rekorde sind für den Wittwer schließlich immer noch ein Lebenselixier, auch wenn er die zehn Kilometer natürlich nicht mehr unter 40 Minuten läuft wie noch mit Mitte 60. Sein Deutscher Altersklassenrekord über diese Strecke, den er im vergangenen Jahr wie sieben andere als „Neuling“ in der AK 85 aufgestellt hat, liegt bei 52:57 Minuten. Ohnehin läuft er bei den meisten Rennen fast nur gegen die Uhr, weil in seiner Altersklasse kaum noch Konkurrenz am Start ist. „In diesem Jahr kommen drei, vier Läufer hinzu, die 85 Jahre alt werden“, freut sich Beecker auf frische Widersacher und ergänzt: „Von den Zeiten her bin ich aber schneller als die.“ Oft scheint es so, als ob Konkurrenten erst gar nicht antreten, weil der Sieger mit Beecker von vorne herein festzustehen scheint.
Jeden zweiten Tag trainiert Beecker, läuft von seinem Haus in Haan aus von ihm vermessene Strecken ab und fährt auch noch einmal in der Woche 50 Kilometer mit dem Rad. Dem Radsport galt in jungen Jahren schließlich seine eigentliche Leidenschaft, ehe er sich bei einem Arbeitsunfall an der Hand schwer verletzte und aufs Laufen umsattelte.
Weil er sich aktuell auf die kürzeren Strecken vorbereitet — im Sommer sollen mit seinem Quartett in Essen auch noch Weltrekordversuche über 4x 400 und 4 x 800 Meter folgen —, ist auch seine Trainingsstrecke auf acht Kilometer verkürzt. „Auf drei Kilometern mache ich immer Tempo“, berichtet er. Sein Trainer und Begleiter zu Wettkämpfen ist Adolf Keller vom LCW, der selbst über 70 ist und mit dem Laufen inzwischen kürzer tritt.
Beecker will dagegen weitermachen, so lange es die Gesundheit zulässt. Bis auf kleine Wehwehchen — mal das Knie, mal die Schulter oder der Nacken — war er 2017 verletzungsfrei. Regelmäßig hat er eine 49-jährige Marathonläuferin aus Oberhausen als Trainingsgast für eine längere 20-Kilometer-Runde. „Leider hat sie Angst vor Hunden und bleibt immer stehen, wenn wir einem begegnen, das ist ja kein Training“, sagt Beecker, den erzwungene Pausen nerven.
Er lässt sich auch von schlechtem Wetter nicht von seinen Trainingsrunden abbringen. „Über eine so lange Zeit solche Leistungen abzurufen, das ist schon phänomenal“, sagt Friedhelm Garze, Vorsitzender von Beeckers Club LC Wuppertal. Als Vorbild für den Laufnachwuchs ziehe Beecker allerdings nur noch bedingt. Garze: „In der jüngeren Generation ist oft weniger die Leistung gefragt, als einfach nur zu sagen ,ich bewege mich’.“
Werner Beecker wäre das allein deutlich zu wenig.