Der stille Yannis taut in Berlin richtig auf
Bayer-Schwimmer Yannis Merlin Willim hat sich mit DM-Bronze einen Traum erfüllt.
Im Kurzurlaub in Hamburg spannt Yannis Merlin Willim derzeit nach seiner langen Schwimmsaison aus. Unter anderem hat der Musical-Fan endlich die von seinem Cousin — selbst Musical-Darsteller — geschenkte Karte für „Mary Poppins“ einlösen können. Das ist die zauberhafte Geschichte über ein Kindermädchen, das frischen Wind in eine Familie bringt. Eine zauberhafte Geschichte hat der 19-Jährige, wie berichtet, vor einer Woche selbst geschrieben, als er bei den Deutschen Meisterschaften im Vorlauf über 200 Meter Brust sogar schneller war als Superstar Marco Koch und im A-Finale auf den Juniorentitel noch die Bronzemedaille in der Offenen Klasse draufsetzte.
„Keine Frage, mein bisher größter Erfolg“, sagt Willim noch beseelt. „Ich wollte ein A-Finale erreichen und wusste, dass ich über 200 Meter die größten Chancen habe. Aber dann in der offenen Klasse eine Medaille zu gewinnen, damit hätte ich nicht gerechnet.“
Dabei hat sich der Wermelskirchener von Jahr zu Jahr gesteigert, seit er 2013 zur SG Bayer gewechselt war. „Beim Wermelskirchener TV war ich stets der einzige Teilnehmer bei großen Meisterschaften, und die Trainer haben mir gesagt, ich hätte schon alles beherzigt, was sie mir beibringen könnten“, erklärt Willim seinen damaligen Wechsel. In der 10. Klasse wechselte er dann auch die Schule, ging wie so viele Bayer-Schwimmer aufs Carl-Fuhlrott-Gymnasium, wo er jetzt Abitur gemacht hat. „Total zielstrebig, sehr strukturiert. Er bringt immer gute Leistung, ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen“, beschreibt Simone Osygus den Deutschen Jugendmeister von 2016. Eine Steigerung wie jetzt in Berlin habe sie ihm allerdings nicht zugetraut. „Dass er es mental schafft, so über sich hinauszuwachsen und auch im Finale neben einem Marco Koch dem Druck standzuhalten, das war einfach überragend“, so Osygus.
Dabei hatte Willim nach dem Vorlauf eigentlich schon alle Ziele erreicht, fühlte sich total kaputt. „Als ich mich mittags im Hotel hinlegen wollte, hat mein Körper total gestreikt. Da habe ich fürs Finale nichts mehr erwartet“, berichtet er über seine Gedankengänge. Beim Aufwärmen und erst Recht im Wasser sei die Müdigkeit dann weggewesen. Er schwamm wie im Tunnel. In 2:14,50 min. steigerte er sich noch einmal um fast eine Sekunde gegenüber dem Vorlauf, in dem er seine bisherige Bestzeit bereits klar verbessert hatte. „Für mich war das nachträglich das schönste Geburtstagsgeschenk“, so Willim, der am 13. Juli 19 Jahre alt geworden ist. Den Erfolg schreibt er auch der Tatsache zu, dass er, anders als in vielen Jahren zuvor, endlich einmal verletzungsfrei geblieben sei. „So hart habe ich noch nie trainiert. Von Frühjahr bis Juni war es ein einziges Trainingslager.“ Jetzt gehört er mit zu den Aushängeschildern der ersten Trainingsgruppe von Michael Bryja, in die er 2015 schon als 16-Jähriger gekommen war. Den Traum DM-Medaille hat er sich erfüllt, den, irgendwann international für Deutschland zu starten, hat er noch. Und so soll das Schwimmen weiter einen Schwerpunkt in seinem Leben bilden, wenn er im Herbst ein Studium für Industrial Design an der Uni Wuppertal aufnimmt. Um Fahrerei zu vermeiden, zieht er nach Wuppertal und beweist damit Konsequenz. gh