Handball: „Emma“ sorgt für Aufträge
Raimo Wilde ist nicht nur Trainer des BHC, sondern auch Inhaber eines Dachdecker-Betriebes.
Wuppertal. Wer sich mit BHC-Trainer Raimo Wilde zum Interview verabredet, sollte etwas mehr Zeit einplanen. Klar wird dies spätestens dann, wenn er seine drei Mobiltelefone auf den Tisch legt. Eines ist das Diensthandy des Bergischen HC, das zweite der Apparat seines Ex-Arbeitgebers TVGroßwallstadt, das dritte Gerät das Firmentelefon seines Dachdeckerbetriebes. Nach ein paar Minuten klingelt es zum ersten Mal. Martin Heuberger ist am anderen Ende, der Assistent von Nationaltrainer Heiner Brand und Coach der Junioren-Nationalmannschaft. Sein Interesse gilt vor allem BHC-Youngster Kristian Nippes. Er hat aber auch registriert, dass sich Henning Quade und Christian Hoße beim BHC gut entwickeln. Es ist nicht der letzte Anruf aus der Handballbranche, der an diesem Vormittag für eine Gesprächsunterbrechung sorgt. Nur das Dachdecker-Handy bleibt stumm. Gewissermaßen die Ruhe nach dem Sturm. Denn am Wochenende lief das Gerät fast heiß. "50 Aufträge sind in zwei Tagen eingegangen. Dank Orkan Emma", schmunzelt Wilde. Da musste der Chef am Sonntag sogar selbst aufs Dach klettern. "Wir hatten zwei Trupps gebildet. Der eine musste am Samstag arbeiten, als wir mit dem BHC in Gensungen gespielt haben, ich war dann am Sonntag dran", berichtet der 43-Jährige, der 1995 den Betrieb in seiner Wahlheimat Volkach (10.000-Einwohner-Ort bei Würzburg) gründete. "Ich bin immer gerne Dachdecker gewesen und habe zehn Jahre intensiv in dem Job gearbeitet. Aber ich bin froh, dass es nicht mehr mein Hauptverdienst ist", sagt Wilde, der vor zwei Jahren die Größe seines Unternehmens zurückgefahren hat. 14 Mitarbeiter hatte er zu Spitzenzeiten beschäftigt, inzwischen sind es nur noch drei, die in den kommenden Wochen damit beschäftigt sein werden, die "Emma-Aufträge" abzuarbeiten. Die Zukunft für Dachdecker sei keineswegs rosig, meint Wilde. Inzwischen mache selbst die Feuerwehr ihm Konkurrenz. Den Betrieb leitet er aus dem Bergischen per Internet und Telefon. Ein Dauerzustand sei das aber nicht. "Vielleicht setze ich einen Geschäftsführer ein", meint der Dachdeckermeister, der momentan einen Tag pro Woche selbst vor Ort ist. Immer abhängig vom Spielplan. Er sei beruflich immer zweigleisig gefahren, erzählt Wilde, aber nachdem er jetzt Cheftrainer ist, könne er sich intensiv seiner Leidenschaft widmen. Und die heißt ganz klar Handball.