Wuppertaler SV „Ich habe einige Steine umgedreht“

Wuppertal · Herr Mehnert, sie wollen nicht über das zurückliegende halbe Jahr beim WSV sprechen, sondern nach vorne schauen. Was ist Ihr Plan?

Björn Mehnert hat den WSV-Kader analysiert und kräftig umgebaut. Das vorrangige Ziel ist der Klassenerhalt.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Mehnert: Wir packen das Restprogramm an wie 21 Pokalspiele. Wir dürfen noch gegen jede Mannschaft in der Liga einmal antreten, gegen Aachen zweimal.

 Sie haben noch drei Spiele mit der Mannschaft vor der Pause absolviert. War das jetzt ein Vorteil für Sie oder hätten sie lieber eine Mannschaft übernommen, deren Kader sie mit zu verantworten haben?

Mehnert: Ich konnte mir so zumindest einen Überblick verschaffen, gewisse Steine umdrehen und Sachen hinterfragen. Ich bin generell ein positiv denkender Mensch und deswegen sage ich, dass es ein Vorteil war.

Sind Sie Anhänger einer bestimmten Fußballphilosophie?

Mehnert: Klopp oder Guardiola - da streiten sich ja die Geister. Nein, ich denke, da muss jeder Trainer seinen eigenen Weg finden. Natürlich guckt man sich auf diesem Niveau einige Sachen an und versucht sie für die eigene Spielidee anzuwenden oder zu modifizieren.

Sehen Sie sich mehr als Ausbilder, oder als Trainer, der mit dem vorhandenen Spielermaterial arbeitet?

Mehnert: Man muss viele Facetten abdecken können, die der Beruf mit sich bringt: Ausbilder, Psychologe, Pädagoge. Gerade das macht mir auch Spaß. Junge Spieler zu entwickeln und zu integrieren, aber auch die verschiedenen Charaktere zu einem Team zu verbinden.

 Wann ist der Beschluss gereift, Trainer zu werden. Es gibt ja auch Spieler, die sich schon früh entschließen, Manager werden zu wollen?

Mehnert: Ich habe schon sehr früh in Dortmund gemerkt, dass es mir Spaß macht, mich mit den Sachen rechts und links vom Spielfeld, mit Taktik und Training zu beschäftigen. Trainer Michael Skibbe hat mich im Jugendbereich abends vor den Spielen zur Deutschen Meisterschaft zu sich gerufen und mit mir über Taktik diskutiert. Er hat dann oft eine andere Entscheidung getroffen, aber das hat mir schon damals einen neuen Blickwinkel eröffnet. Bei jedem Trainer, den ich dann hatte - und da waren richtig gute dabei - habe ich etwas mitgenommen und mir Dinge notiert, aber alles auch hinterfragt.

 Sie sind noch anderweitig beruflich engagiert. Ist das ein Schlüssel, um die Spieler besser zu verstehen, die vielleicht ähnliche Probleme haben, ihr Fußballerleben zu organisieren.

Mehnert: Auch das sehe ich positiv. Ich glaube schon, dass der Tag mit seinen 24 Stunden beides vereinbar macht. Ich habe die hauptberufliche Arbeit deutlich reduzieren können, sodass ich vollumfänglich für den WSV zur Verfügung stehe. Es ist eine meiner Stärken, dass ich in meinem anderen Beruf, mit vielen Menschen zusammenarbeite, Prozesse optimieren muss, Teams leiten und führen muss. Das kann ich beim WSV sehr gut anwenden. Es geht auch darum wie man mit Fehlern umgeht - das kann man auf den Fußball transportieren.

 Mit welchem Konzept ist der Kader des WSV verändert worden? Welche Verbesserungen wollte man erreichen? Mehr Tempo, mehr Aggressivität zum Beispiel.

Mehnert: Ich habe mir den Kader angeschaut unter dem Gesichtspunkt: Auf welchen Positionen sind wir unterbesetzt, wo haben wir keine Spezialisten. Und da habe ich schon beobachtet, dass wir gerade im Defensivverbund auf der einen oder anderen Position nicht mit Spezialisten besetzt waren. Dann ist mir aufgefallen, dass die Mannschaft von hinten heraus keine Sicherheit hat. Daher ist auch die Position des Torwarts mit Sebastian Patzler besetzt worden, der die Erfahrung und Ruhe mitbringt. Beim Hausbau fängt man mit auch nicht mit dem Dachstuhl an. Wir haben das so abgearbeitet, wobei es uns wichtig war, dass die Leute charakterlich ins Team passen. Wir haben sehr ausgiebig in unserem Team mit Stephan Küsters, Gaetano Manno und Thomas Richter die angebotenen Spieler mehrfach von allen Seiten durchleuchtet. Uns war wichtig, eine gesunde Mischung zu haben - nicht nur erfahrene, sondern auch junge, wilde Spieler.

Es ist aktuell schwierig, Testspielgegner zu bekommen. Ist es aber nicht grundsätzlich ein Problem, dass Spielern im Kader die Spielpraxis fehlt, weil es keine zweite Mannschaft beim WSV gibt?

Mehnert: Grundsätzlich bin ich ein Befürworter, bin aber auch bei dem einen oder anderen Verein schon eines Besseren belehrt worden, weil ein Kostenfaktor und ein organisatorischer Faktor dahinter steckt. Aus sportlicher Sicht wäre es sinnvoll, aber zunächst einmal bin ich hier, um das halbe Jahr das Schiff gemeinsam in die richtige Richtung zu lenken. In der Kreisliga C macht das keinen Sinn, aber vielleicht in Form einer Kooperation mit einem Oberligisten, doch der Zeitpunkt darüber nachzudenken ist viel zu früh.

 Am kommenden Samstag steht in Ahlen ein Kaltstart an. Was ist nach dem einen Testspiel gegen Kassel zu erwarten?

Mehnert: Wir werden mit der Formation von Kassel nicht im Meisterschaftsbetrieb auflaufen. Nichts dass ich den Jungs das nicht zutraue, aber in dieser Formation würde es nicht funktionieren. Auch was den Kaltstart betrifft, bin ich Optimist, denn die Jungs werden nun umso heißer sein, wieder spielen zu dürfen. Ahlen hat meines Wissens überhaupt kein Testspiel bestreiten können.

 Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Winterzugänge am Samstag dabei ist?

Mehnert: Sehr groß. Patzler wird spielen, das kann ich jetzt schon sagen. Burak Gencal und Moritz Römling machen einen guten Eindruck. Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir den einen oder anderen Neuen auf dem Platz sehen. Die etablierten Spieler haben die gleiche Chance. Es gibt zwei, drei Positionen, da warte ich die letzten Trainingseinheiten noch ab.

 Die Trainingsbedingungen in Wuppertal sind im Winter ja immer ein Thema...

Mehnert: Ich kann mich noch an Zeiten als Spieler erinnern, da haben wir in Ahlen, Köln oder Düsseldorf trainiert, da sind wir durch die Weltgeschichte gefahren. Der Kunstrasen auf dem Nebenplatz ist ein Riesenfortschritt. In der Halle nebenan haben wir Spinning Räder und können Krafteinheiten machen. Der Kunstrasen war damals eine Betonplatte. Es gibt aber Schlimmeres, als acht Minuten zu einem Trainingsplatz zu fahren. Wir haben in der Stadt die Auswahl zwischen drei, vier Plätzen, da darf sich keiner beschweren. Dass wir nur auf Kunstrasen trainiert haben, muss kein Nachteil sein, denn RW Ahlen hat seine letzten Heimspiele auf Kunstrasen ausgetragen. Ob das am Samstag so sein wird wisse wir noch nicht, aber das darf alles keine Rolle spielen.