Lore Duwe: „Man nennt mich auch Frau Heesters“
Seit fünf Jahren moderiert Lore Duwe die Plattkaller-Abende. Ein Gespräch über Mundart und lebenslange Bühnen-Sehnsucht.
WZ: Frau Duwe, seit fünf Jahren sind Sie das Gesicht der Plattkaller-Abende. Haben Sie ein Lieblingswort auf Platt?
Lore Duwe: (überlegt) Oh, das ist jetzt schwierig. Es gibt ja so viele schöne Begriffe und Ausdrücke. Was mir in lieber Erinnerung geblieben ist, ist ein Besuch in einer Schule, wo ich mit Kindern über Platt gesprochen habe. Da kam ein kleiner Junge und sagte: „Meine Oma hat mir ein schönes Wort beigebracht — Erpelschloot.“ Kennen Sie das?
Ehrlich gesagt, nein.
Duwe: Das heißt: Kartoffelsalat. Ein schönes Wort, das früher ganz geläufig war. Wenn mir heute bei Aldi an der Kasse ein Wort auf Platt rausrutscht, dann versteht das keiner mehr. Deswegen versuche ich auch immer, mich zurückzuhalten und im Alltag nur Hochdeutsch zu reden. Das klappt aber nicht immer.
Was ist für Sie der Reiz an der Mundart?
Duwe: Das ist für mich ein Stück Heimat, ein Stück Vertrautheit. Wenn ich Platt spreche oder höre, dann merke ich: Ich bin zu Hause. Platt hat für mich immer etwas Ursprüngliches, bedeutet auch Verbundenheit zu unseren Vorvätern. Bei den Plattkaller-Abenden versuche ich mit meinen Mitstreitern immer auch ein wenig, das an Leute weiterzugeben, die kein Platt sprechen und sie für diese Tradition zu begeistern.
Gelingt das? Oder ist Platt nicht doch eher ein Senioren-Thema?
Duwe: Vertraut ist es leider doch in der Regel nur den Leuten, die es selbst noch kennen oder die es als Kinder von ihren Eltern gehört haben. Es kommen aber zum Glück zu den Abenden immer auch mal jüngere Leute — etwa eine Lehrerin, die versucht, ihren Schülern das Wuppertaler Platt näherzubringen. Wenn wir dann auf der Bühne ein Lied singen, das eingängig ist, dann machen auch die mit, die kein Platt kennen — und schon sind die mittendrin. Das lässt mich hoffen, dass die Sprache nicht ausstirbt.
Es gibt ja immer wieder Diskussionen, was überhaupt das richtige Wuppertaler Platt ist — oder über die Unterschiede zwischen Vohwinkeler und Cronenberger Platt. Wie stellen Sie sicher, dass Sie das „richtige“ Platt sprechen?
Duwe: Das interessiert mich überhaupt nicht — wir sind doch hier eine Stadt. Sprache verändert sich eben, und da sind Abweichungen doch eher eine interessante Bereicherung und nichts, worüber man sich streiten muss. Die Hauptsache ist doch, dass die Leute etwas von dieser alten Sprache hören und beginnen, sich damit auseinanderzusetzen.
Sind Sie für flächendeckenden Platt-Unterricht an Grundschulen?
Duwe: Warum nicht? In Bayern oder in Norddeutschland gibt es den ja auch. Dort hat das Brauchtum eben eine andere Bedeutung als bei uns.
Anderes Thema: Gerade ist bekannt geworden, dass Sie im neuen Rex-Theater sehr aktiv sein werden. Neben Plattkaller-Abenden sind da ein Tanztee und eine regelmäßige Talkrunde im Gespräch. Können Sie dazu etwas Genaueres sagen?
Duwe: Bei dem Tanztee geht es um ein lockeres, schönes Beisammensein für Menschen meiner Generation — mit Live-Musik, auch von mir und von anderen musikalischen Künstlern. Da können die Leute sitzen, tanzen oder einfach nur schauen. Solche Veranstaltungen gibt es meines Wissens bisher nicht viele in Wuppertal. Beim Talk — er soll „Wupper-Talk“ heißen — will ich regelmäßig mit Leuten aus unserer Stadt sprechen, die etwas zu sagen haben, gemischt mit Musik- und Show-Einlagen. Ich hoffe, das wird ankommen. Aber ich bin da zuversichtlich, zumal sich die neuen Betreiber des Rex sehr engagieren.
Die Shows im Rex-Theater, die Plattkaller-Abende, Theater- und Tanz-Auftritte in Wuppertal und andernorts, diverse Revuen, dazu Ihr eigenes Geschäft — langweilig wird Ihnen bestimmt nicht. . .
Duwe: Nein!
Wann ging das los, dass Sie sich so für die Bühne begeistert haben?
Duwe: Ach, das war schon immer da! Wenn ich als junges Mädchen einen Künstler in der Stadt gesehen habe — etwa Egon Pinnau, der war damals Solotänzer hier am Theater, ein Bild von einem blonden Adonis — dann war mir klar: Das will ich auch! Diese Welt hat mich immer fasziniert. Schon im Kindergarten habe ich mit Leidenschaft Gedichte vorgetragen und hatte immer ein Talent für das Komische. Ich glaube, so etwas hat man einfach in sich.
Wie lange wollen Sie das Pensum noch durchziehen?
Duwe: Man nennt mich auch Frau Heesters (lacht). Quatsch, man nennt mich natürlich nicht so. Aber ich möchte dem Johannes Heesters schon ein wenig nacheifern. Wenn man sieht, wie der in seinem Alter noch auf der Bühne steht, präsent ist, singt — davor kann man nur den Hut ziehen. Ein Laie kann sich gar nicht vorstellen, was für eine Leistung dahintersteckt.