Ludwig Erhard — ein Leben in Karikaturen

Eine Ausstellung in der Zentralbibliothek erinnert mit an den Vater der Sozialen Marktwirtschaft.

Foto: Andreas Fischer

Elberfeld. Seine Zeit ist längst vorüber, sein Name jüngeren Generationen kaum bekannt. Und doch prägt er die Wirtschaftsordnung Deutschlands bis heute: Letztes Jahr wurde „seine“ Soziale Marktwirtschaft 70 Jahre alt, 1947 erschien sein Standardwerk „Wohlstand für alle“. „Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch“, befand Ludwig Erhard, der als ihr Mitbegründer in die Geschichte eingegangen ist. Anlass für eine Wanderausstellung mit Karikaturen über den Politiker, Wirtschaftsminister (1949 bis 1963) und Bundeskanzler (1963 bis 1966), der von 1897 bis 1977 lebte. In der Zentralbibliothek an der Kolpingstraße macht sie seit dieser Woche bis 19. Mai Station.

„Eine gute Karikatur ist mindestens ironisch, oft sarkastisch und bissig. Trotzdem tut es jedem Politiker weh, wenn er nicht karikiert wird“, sagt Helmut Schmidt, der die Ausstellung für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) kuratiert. Der 77-jährige Journalist entdeckte über seine Arbeit für und Freundschaft mit Willy Brandt seine Liebe zur Karikatur. Als der SPD-Ehrenvorsitzende 1992 starb, wollte er ihn auf unübliche Weise ehren; die erste Karikaturen-Ausstellung entstand. Mittlerweile sind viele weitere hinzugekommen, auch über seinen Namensvetter Helmut Schmidt. Nächstes Jahr soll das 70-jährige Bestehen der Bundesrepublik Deutschland mit einer Karikade gefeiert werden. Für Erhard, der 2017 120 Jahre alt geworden wäre, stellte Schmidt 70 Arbeiten von 25 namhaften Karikaturisten zusammen, die den Ablauf der Geschichte nachzeichnen, ohne ein großes Ereignis auszulassen und sämtlich „eine plakative Aussage haben“. Sie ersetzen einen Leitartikel durch ein Bild, das eine eindeutige Aussage hat und schnell zu verstehen ist.

„Heute haben Karikaturen leider oft eine Sprechblase“, stellt Schmidt fest und erklärt sogleich, warum die Bilder, die in der Bibliothek hängen, (sogar) Erklärtexte haben. Die Legenden seien der Tatsache geschuldet, dass junge Leute heutzutage weder den Namen Ludwig Erhard noch die mit seiner Person verbundenen Geschichten kennen.

Für die INSM wesentlicher Grund ihrer Existenz. IM Jahr 2000 von Arbeitgeberverbänden gegründet, will sie Erhards Soziale Marktwirtschaft der Zeit anpassen und den Menschen näherbringen. Deshalb die Ausstellung über den „Vater des Wirtschaftswunders“ Ludwig Erhard. Denn der habe, so INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr im Vorwort des 60-seitigen Ausstellungskataloges, einst gesagt: „Wir müssen uns entweder bescheiden oder mehr arbeiten. Die Arbeit ist und bleibt die Grundlage des Wohlstandes.“

Mehr erfährt der Besucher der Bibliothek beim Treppauf und Treppab zwischen Erd- und drittem Geschoss — sozusagen im Vorübergehen. Chronologisch angeordnet und in Din-A-2 große Rahmen eingefasst hängen dort die Zeichnungen, die bei den Älteren Erinnerungen an den Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und politische Themen der jungen Bundesrepublik zwischen 1949 und 1966 wachrufen und das Interesse der Jüngeren wecken sollen. Die jüngste und letzte Karikatur stammt aus 2017, zeigt alle Bundeswirtschaftsminister, die ein Erhard-Denkmal anbeten. Schmidt: „Erhard hatte immer seinen eigenen Kopf, hatte deshalb auch erhebliche Schwierigkeiten mit Konrad Adenauer.“ Er blieb parteilos, obwohl dieser ihn zum Eintritt in die CDU drängte, und wurde gegen dessen Willen (glückloser) Kanzler. Die Bibliothek ergänzt die Ausstellung mit eigenen Büchern über Erhard.