Marketing – und keiner merkt’s

Die Wuppertal Marketing GmbH gibt es seit zwei Jahren. Was sie macht, ist vielen Menschen unklar.

<span style="font-weight: bold;">Wuppertal. Dass die Gesellschaft, die er führt, so gut wie niemand in der Stadt kennt, nimmt der Geschäftsführer der Wuppertal Marketing GmbH gelassen hin. "Hauptsache, unsere Produkte prägen sich den Menschen ein", sagt Georg Sander. Und diese Produkte gibt es meist nicht zu kaufen, sie dienen einem höheren Zweck: dem besseren Image Wuppertals bei Einwohnern und Fremden, bei Unternehmen und Investoren. Früher war dies Aufgabe eines Amtes, heute einer privatisierten Gesellschaft, deren Haupt-Geldgeber nach wie vor die Stadt ist. Die schießt jedes Jahr 758 000 Euro an Steuergeldern in die Marketing GmbH, 150 000 Euro kommen von den übrigen Gesellschaftern.

Und was passiert mit dem Geld? "Nichts, außer ein T-Shirt zu bedrucken, ist denen nichts gelungen. Lasst uns zuerst unsere Stadt in Ordnung bringen, dann gibt es auch etwas, wofür wir Marketing machen können", schimpft ein Stadtverordneter, der erkennbar wenig von Sanders Truppe hält. Die war übrigens schon mal größer, vor allem besaß sie einen zweiten Geschäftsführer. Der frühere Amtsleiter Andreas Kletzander wechselte zur Arge, ohne dass offenbar die Notwendigkeit bestand, einen Nachfolger zu suchen.

Nun verantwortet Sander allein das Marketing-Geschäft. Im Vergleich zu konkurrierenden Städten in der Nachbarschaft tut er dies an der Spitze einer überschaubaren Mannschaft. 15 Mitarbeiter gehören zum Team, darunter auch jene, die das Infozentrum der Stadt besetzen. In Düsseldorf sorgen dagegen 88 Marketing-Fachleute für eine angemessene Stadtwerbung. Und selbst in Essen stehen mehr als doppelt so viele Menschen (32 Festangestellte) in der Pflicht.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen sieht Sander seinen kleinen Stab gut aufgestellt. Schließlich ist Marketing in einer vom Strukturwandel gezeichneten und unter einer erdrückenden Schuldenlast leidenden Stadt nicht ganz einfach. Gerade deshalb ist der Geschäftsführer besonders stolz auf seinen Coup, den NRW-Tag 2008 nach Wuppertal geholt zu haben. "Der NRW-Tag bietet die einmalige Chance, die Vorzüge dieser Stadt landesweit zu präsentieren." Fünf Mitarbeiter sind schon jetzt ausschließlich mit den Vorbereitungen beschäftigt. Sander verbringt mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit damit, Sponsoren zu gewinnen. "Da sind noch ein paar 100 000 Euro zusätzlich notwendig", sagt Sander

Nachhaltige Außenwirkung soll das Landesfest erzielen. Bei der Fußballmeile im vergangenen Jahr war das anders. Das WM-Fest in Barmen sollte im Verbund mit WZ und Radio Wuppertal die eigene Stadt für die Wuppertaler attraktiv machen.

Marketing - und keiner merkt’s? Kennen dieWuppertaler ihre Marketing-Macher? Und wenn nicht, dann zumindest dieKampagnen? Die WZ hat sich in Elberfeld umgehört. So viel vorab: DasErgebnis ist bitter:

Peter Stumpe etwa findet es "schön, wenn es so etwas gibt,allerdings" habe er bisher noch "keine Kenntnis davon genommen". Denmeisten Befragten ergeht es so wie Hannelore Klem, der die Agentur auch unbekannt ist: "Da habe ich noch nie von gehört." So auch Sigrid Schmidt: "Das sagt mir im Moment gar nichts." Heinz Schartmann kennt die Agentur ebenfalls nicht.

Auch auf den Slogan "Keiner wie wir" angesprochen, zuckte der Großteil der Befragten nur mit den Schultern. Nabil Bouanane wurde zwar stutzig, war sich aber nicht sicher, woher er den Slogan kennen könnte. Den Namen der Agentur hat Anne Löbberdingschon ein mal gehört. Zu dem Slogan fällt ihr ein: "Da gibt es dochdiese Plakate mit dem Herrn Jung drauf." Das ist richtig. Über dieFunktion der Marketing GmbH kann sie indes nur spekulieren: "Vermutlichwerben sie für Wuppertal."

Maike Reinberger kennt sogar den Sitz der Agentur an derFriedrich-Engels-Allee. Die Arbeit der Werber findet sie allerdings"mehr als verbesserungswürdig." "Wenn es schon ein reinesStadtmarketing gibt, müsste viel mehr erreicht werden. Es gibt auch dieMöglichkeit, mit wenig Geld etwas auf die Beine zu stellen. Allein derUmstand, dass der Bürger die Agentur nicht kennt, gibt doch zu denken",behauptet sie. Zumindest der Name Marketing GmbH ist auch Reinhard Thomas ein Begriff: "Ja, die kenne ich." Welche Projekte für Wuppertal werben, weiß er aber nicht.

Sören Barth hat auch schon von den Werbern gehört und kenntauch den Slogan. Zudem weiß er, dass sie "Aufkleber und T-Shirtsherausbringt". Er glaubt sich zu erinnern, dass die Marketing GmbHvorher mit dem gleichen Auftrag für und in Leverkusen unterwegs gewesensei, ist sich in diesem Punkt aber nicht so richtig sicher. Nochunsicherer wird er, als er sich an die Aktionen der Gesellschafterinnern soll: "Vielleicht etwas mit Schafen auf der Hardt, vielleichtaber auch nicht." Begeistert ist er von den Postern mit demHardt-Motiv: "Ich kenne sogar jemanden, der hat das über dem Betthängen."

Christopher Heinle aus Elberfeld ist eine Ausnahme: Er kenntdie Marketing GmbH und sogar den Slogan. Das war’s dann aber auch schon- mehr weiß er nicht. Und: "Ehrlich gesagt interessiert es mich auchnicht".