Mehr als 5000 neue Führerscheine
Damit gab es 2017 fast 400 Erstausstellungen mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl der angemeldeten Wagen blieb aber konstant.
In Wuppertal hat die Zahl der Führerscheinersterteilungen im vergangenen Jahr stark zugenommen. Gegenüber 2016 wurden 2017 ganze 387 Führerscheine mehr ausgestellt. Damit gab es 5093 neue Fahrerlaubnisse für Pkw. 2016 waren es 4706. In den Jahren zuvor waren es 4728 (2015) und 4608 (2014).
Martina Grave, Abteilungsleiterin beim Straßenverkehrsamt, sagt, dass zu den Erstausstellungen eben auch die Führerscheinerteilungen für begleitetes Fahren zählen. Ebenso zählen die in Wuppertal lebenden Einwanderer, die aus nicht EU-Ländern kommen, dazu, die hier erneut eine Fahrprüfung ablegen müssen.
Denn auf die Zunahme bei Fahrerlaubnissen hat unter anderem die Zuwanderung Einfluss. Das zeigt sich etwa an den gestiegenen Zahlen der eingetauschten Führerscheine — also von denen aus anderen EU-Ländern. Denn 2017 wurden 1245 Führerscheine eingetauscht — im Jahr zuvor waren es noch 764, ein Jahr davor 551 und 2014 waren es 426.
Gleichzeitig ist die Zahl der angemeldeten Autos relativ konstant geblieben. 2014 waren es 168 820, im Jahr darauf 172 033, 2016 dann 168 143 und 2017 schließlich 169 514. Die Zahlen sind immer zum Stichtag 31. Dezember des entsprechenden Jahres festegestellt worden.
Während also die Zahl der Führerscheine, also Fahrer, zugenommen hat, sind die Pkw-Zahlen relativ konstant.
Deutet das auf einen Wandel in der Mobilität junger Menschen hin? Stimmt es, dass junge Menschen weniger Wert auf das eigene Auto legen?
Der Fahrlehrer Rüdiger Hebestreit, Zuständiger für Wuppertal im Fahrlehrerverband Niederrhein, sagt, dass immer 65 Prozent eines Jahrgangs schon mit 16 den Führerschein mache. Der Führerschein ist den jungen Menschen noch wichtig. Aber: „Der Drang zum eigenen Auto ist nicht mehr da“, sagt er. Das habe sich gegenüber früheren Generationen schon verändert. Andere Dinge seien die Jugendlichen wichtiger — etwa das Handy. Ein Argument für den Führerschein sei aber etwa, dass er für Bewerbungen nötig sei.
Jens Leven von den Verkehrsexperten der Agentur „Bueffee“ sagt aber, dass er keine Hinweise auf eine Veränderung sieht. Dass Jugendliche auf das Auto verzichten würden, gebe es vielleicht in Berlin — nicht aber in Wuppertal.
Trotz aller Diskussionen um Wuppertal als Fahrradstadt, autofreie Quartiere oder betriebliche Mobilität sagt er, dass Wuppertal in Sachen Verkehrswende „konzeptlos“ agiere. „Alle Bemühungen und Konzepte sind der richtige Weg“, sagt er. Aber viele Entscheidungen im Kleinen seien schlicht falsch. Und weil noch nichts Konkretes passiert sei, sehe er auch nicht, dass man aus solchen Zahlen wie denen der Führerscheine Effekte herauslesen könne.
Leven sagt, dass die Zahlen von Führerscheinen und Autos höchstens als Indizien für das Mobilitätsverhalten herhalten können. Andere Faktoren seien da wichtiger, verlässlicher. Etwa Zahlen darüber, wie Kinder zur Schule kommen oder Erwachsene zur Arbeit. Ersteres, das Phänomen der Elterntaxis, sei in Wuppertal überdurchschnittlich häufig. Im Sommer würden knapp 29 Prozent der Schulkinder mit dem Auto zur Schule gebracht — im Winter etwa 34. Im Vergleich: In Heidelberg sind es 17 beziehungsweise 21 Prozent.
Leven sagt, einem Wandel bei Jugendlichen müsste eine Verkehrserziehung vorausgehen, die im Kindergartenalter beginnt und über die Schulzeit hinausgeht.
Ein Anzeichen für die gescheiterte Erziehung zu flexibler Mobilität sieht er in den extrem hohen Zahlen der Verkehrsunfälle mit Fußgängern und Kindern — was auch die fehlende Infrastruktur für diese Gruppen belege.
Anja Liebert, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, sagt, dass sie aber positiv bewerte, dass die zwingende Verbindung von Führerschein und eigenem Auto aufgehoben sei. In der Verschiebung der Relevanz — weg vom Auto — sieht sie ein gutes Signal für eine Mobilität, die über das Auto hinausgeht.