Briller Viertel Mehrfamilienhäuser am Brill geplant
Elberfeld. · Was früher abgelehnt wurde, ist jetzt denkbar: Neubauten an der Barbarossastraße.
Die Suche nach neuem Wohnraum in Wuppertal hat ein vor vielen Jahren begrabenes Neubauprojekt wieder in die Diskussion gebracht: Auf vier Privatgrundstücken an der Barbarossastraße wollen die Eigentümer nun Mehrfamilienhäuser errichten. Die Grundstücke sind zur Bismarckstraße hin bebaut, bieten am Hang zur Barbarossastraße allerdings noch Platz.
Bezirksvertretung und Stadtentwicklungsausschuss haben den Plänen in ihren vergangenen Sitzungen mit großer Mehrheit zugestimmt. „Die Bezirksvertretung stand dem Vorschlag im Grunde positiv gegenüber“, sagt Bezirksbürgermeisterin Ingelore Ockel (CDU). Zwei Mitglieder enthielten sich, der stellvertretende Bezirksbürgermeister Wilfried Franz Goeke-Hartbrich (Grüne) nahm nicht an Beratung und Abstimmung teil, da er als Anlieger betroffen ist und damit als befangen gilt. Goeke-Hartbrich wollte sich auf WZ-Anfrage aus diesem Grund auch nicht zu den Plänen äußern. Auch die Stadtverwaltung, die sich 2003 noch gegen eine Bebauung eines dieser Grundstücke am Rande des Briller Viertels aussprach, hält den Vorschlag der Grundstücksbesitzer laut Vorlage nun zumindest für prüfenswert.
Lieber im Briller Viertel bauen als auf der grünen Wiese?
Die Geschichte beginnt 1998 mit dem Antrag eines der Grundstückseigentümer, den Bau eines Doppelwohnhauses an der Barbarossastraße zu prüfen. Die Stadt sprach sich laut Vorlage damals aus mehreren Gründen gegen eine Änderung des Bebauungsplans aus, der eine Überbauung der Grundstücke bisher ausschließt: Ein Doppelwohnhaus passe nicht in die „historische Villenbebauung“ im Briller Viertel, es habe eine „erdrückende Wirkung“ zur Barbarossastraße hin und versperre die Aussicht, außerdem müssten mehrere Bäume gefällt werden. Auch ein Gericht bestätigte diese Ansicht damals, nachdem der Grundstückseigentümer auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheids geklagt hatte. Nach politischen Beratungen verschwand die Idee danach zunächst wieder in der Schublade.
Der neuerliche, gemeinsame Vorstoß der nun vier Grundstücksbesitzer stößt nun auf Offenheit bei Politik und Verwaltung. „Auch wenn gerade bezüglich des Briller Viertels und dessen besonderer Qualität und Erhaltungsanspruch kein Paradigmenwechsel erfolgt ist, soll an dieser Stelle eine mögliche Schaffung von Baurechten vertieft geprüft werden“, schreibt die Stadt in der Vorlage.
Politik und Verwaltung tendenziell für Nachverdichtung
Grund sei der mit dem Bevölkerungsanstieg gestiegene Bedarf nach Wohnraum in Wuppertal. Die Verwaltung spricht sich dafür aus, zunächst die Schaffung weiterer innerstädtischer Bauflächen zu prüfen, bevor die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen oder Waldflächen in Erwägung gezogen werde.
Bezirksbürgermeisterin Ingelore Ockel (CDU) teilt diese Ansicht grundsätzlich. „Wir suchen händerringend Bauland“, sagt sie. Doch die Suche nach Bauflächen im Stadtgebiet gestalte sich schwierig, wie man aktuell immer wieder beobachten könne. „Es gibt immer Gegner und kritische Stimmen“, sagt Ockel. Das gelte besonders auch für das Briller Viertel. Doch die Bedürfnisse vieler Bürger hätten sich in den vergangenen Jahren verändert. „Mehr Menschen wünschen sich größeren Wohnraum“, sagt Ockel. Das zeigte die gestiegene Nachfrage nach Häusern und Lofts. Auf der anderen Seite wollten die meisten nicht, dass vor der eigenen Haustür neu gebaut werde.
Auch Michael Müller (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, begrüßt eine Diskussion um Bebauungsflächen wie an der Barbarossastraße. „Die Bebauung muss und wird noch intensiv diskutiert werden“, sagt er. Angesichts des Drucks, der bei der Suche nach neuem Bauland herrsche, könne es durchaus sein, dass Situationen neu bewertet werden, ist er sich mit Ockel einig.
Ob die gute Aussicht und der Charakter des Briller Viertels als Villenviertel für die Mehrheit an dieser Stelle nach wie vor wichtiger sind als neue Wohnflächen, muss sich nun in der weiteren Diskussion zeigen. Bisher ist das Briller Viertel aber nicht geschützt durch eine Denkmalbereichssatzung.